14.11.2023

Quetschung eines dunklen Kernspinzustands

Robuster Vielteilchenzustand wird nach seiner Ausbildung immun gegen Beleuchtung.

Quanten­mechanische Zustände, die aus vielen Teilchen bestehen, sind wesentlich robuster gegenüber Störungen, die in diesem Zustand gespeicherte Information bedrohen, als entsprechende Einteilchen-Zustände. Vor mehr als zwanzig Jahren haben Forschende einen besonders robusten Vielteilchen­zustand von Kernspins – den Drehimpulsen von Atomkernen – theoretisch vorhergesagt: Dieser dunkle Kernspin­zustand entsteht durch Bestrahlung mit Laserlicht, wird nach seiner Ausbildung aber immun gegen Beleuchtung und damit dunkel. Einem inter­nationalen Team unter Beteiligung von Forschenden der Fakultät Physik der TU Dortmund ist es nun gelungen, diesen Zustand experimentell zu demonstrieren.

Abb.: Verteilungsfunktion der Kernspins vor der Beleuchtung mit dem Laser und...
Abb.: Verteilungsfunktion der Kernspins vor der Beleuchtung mit dem Laser und nach Beleuchtung und Ausbildung des dunklen Zustands.
Quelle: E. Kirstein et al., TU Dortmund / NPG

Die Forschenden haben zunächst einen geeigneten Kristall aus der Gruppe der Perowskite, Formami­dinium-Blei-Tribromid, chemisch synthetisiert. Polari­sierte Lichtpulse orientieren dann die Spins von positiv geladenen Ladungs­trägern in diesem Kristall. Kommen die positiven Ladungs­träger in Kontakt mit Bleikernen im Kristall, übertragen sie ihren Spin an die Kernspins der Bleiatome. Durch diese Wechselwirkung entsteht schließlich ein kollektiver Kernspin­zustand. Die beteiligten Kernspins – mindestens 35 davon – agieren demnach nicht mehr unabhängig voneinander, wie eine detaillierte Analyse zeigt, sondern sind miteinander verschränkt.

Durch die Wechsel­wirkung wurde im Experiment die Orientierung der Kernspins der Bleiatome ganz spezifisch geändert. Während sie vor der Beleuchtung mit dem Laserlicht ungeordnet war – geprägt von der quanten­mechanischen Unschärferelation – orientierten sich die Kernspins nach hinreichender Beleuchtung bevorzugt entlang der Richtung der optischen Beleuchtung durch den Laser. Zudem fluktuierten die Kernspins in ihrer Orientierung deutlich weniger – sowohl in dieser longi­tudinalen Richtung als auch transversal senkrecht zur Beleuchtungs­richtung. Eine solche Verringerung der Fluk­tuationen eines quanten­mechanischen Zustands nennt man Quetschung. Das Forschungsteam konnte damit erstmals die Quetschung eines solchen kollektiven Kernspin­zustands beobachten.

Durch die Quetschung wurde der vorhergesagte dunkle Kernspin­zustand erreicht, der unempfindlich gegen eine weitere optische Anregung ist. Wegen der daraus resultierenden Robustheit könnte er genutzt werden, um quantenmechanische Informationen zu speichern – eine wichtige Voraussetzung für viele Quanten­technologien wie einen Quantencomputer.

TU Dortmund / JOL

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