10.08.2005

Rechengenie für Spieler und Ingenieure

Der Todestag des Mathematikers Jakob Bernoulli jährt sich am 16. August 2005 zum 300. Mal.


Rechengenie für Spieler und Ingenieure

Der Todestag des Mathematikers Jakob Bernoulli jährt sich am 16. August 2005 zum 300. Mal.

Genf (dpa) - Wenn sich Gymnasiasten an der schweißtreibenden Differenzial- und Integralrechnung abmühen, wenn Ingenieure die Belastbarkeit ihrer Bauwerke berechnen oder wenn leidenschaftliche Spieler ihr «System» für den ultimativen Gewinn ersinnen - dann bedienen sie sich eines mathematischen Rüstzeugs, das der Basler Mathematiker Jakob Bernoulli (1654-1705) erfunden oder entscheidend weiterentwickelt hat. Zum Teil half sein Bruder Johann dabei mit.

Dabei studierte Jakob Bernoulli, dessen Todestag sich am 16. August zum 300. Mal jährt, zunächst Theologie und Philosophie. Seine wahre Liebe, von der ihn sein Vater, ein angesehener Basler Gewürzhändler, vergeblich abzuhalten trachtete, galt aber der Mathematik und Astronomie. Deren Geheimnisse eignete er sich weitgehend im Selbststudium an. Anschließend weihte er auch noch seinen zwölf Jahre jüngeren Bruder Johann in die exakte Denkwissenschaft ein.

Nach Abschluss seines Theologiestudiums verdingte sich Bernoulli als Hauslehrer in Genf, reiste durch Frankreich, die Niederlande und England. Überall suchte er den Kontakt zu den führenden naturwissenschaftlichen Köpfen der Zeit: er traf Schüler von René Descartes und den englischen Erforscher der Gaseigenschaften, Robert Boyle. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz lehrte er ab 1683 an der Universität Basel Mechanik. Vier Jahre später erhielt er dort die Professur für Mathematik.

Durch Veröffentlichungen in der Leipziger Fachzeitschrift «Acta Eruditorum» wurden die Brüder Bernoulli auf die erstmals vom deutschen Philosophen und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz skizzierte Differenzial- und Integralrechnung aufmerksam. Deren Gleichungen spielen unter anderem bei der Berechnung von Grenzwerten eine Rolle. Die beiden Bernoullis knieten sich mächtig rein, um die neue Theorie zu verstehen. «Sie waren die ersten außerhalb des Leibniz-Kreises, die sie beherrscht haben», konstatiert Fritz Nagel, der Leiter der Bernoulli-Forschungsstelle der Universität Basel. «Und sie haben sie mit ihren Systematisierungen und Weiterführungen lehr- und lernbar gemacht.» In entsprechenden Korrespondenzen habe dies Leibniz ausdrücklich anerkannt.

Das Verhältnis zwischen den Brüdern vergiftete sich allerdings zusehends. Johann machte seinem Bruder die Basler Mathematikprofessur streitig, dieser wiederum verunglimpfte den Jüngeren als oberflächlichen Blender. «Jakob war gewiss der tiefere Mathematiker, aber sehr in sich gekehrt», beschreibt Nagel die ungleichen Brüder. «Johann war der elegantere, der eloquentere, aber auch der, der eher für Fehler anfällig war.» Die Polemik sei oft, so Nagel, «in einem sehr gehässigen Ton» ausgetragen worden.

Mit seinem posthum erschienen Werk «Ars conjectandi» (1713) begründete Jakob Bernoulli schließlich in seinen letzten Lebensjahren die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Das von ihm erstmals formulierte Gesetz der großen Zahlen ist die Grundlage jeder Statistik. Für Würfelspieler bedeutet es: je öfter man würfelt, desto wahrscheinlicher wird es, dass die Sechs einmal in sechs Würfen gewürfelt wird.

Bernoulli sah in seinem Permutations- und Variationenkalkül ein Mittel, um das menschliche Verhalten an einzeln nicht vorhersehbare, aber in größerer Zahl doch abschätzbare Ereignisse vernünftig anzupassen. Den Menschen an den Karten- und Roulettetischen dieser Welt, die ihren Spielsystemen verfallenen waren, erteilte er aber eine klare Abfuhr: «Es ist schier unplausibel», schrieb er in der «Ars conjectandi», «dass uns eine mathematische Formel die Zukunft bekannt machen könnte, und jene, die das glauben, hätten früher an Hexerei geglaubt.»

Gregor Mayer, dpa

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