31.10.2012

Rekordverdächtige Paarinstabilitäts-Supernovae

Explosion zweier Riesensterne bei hoher Rotverschiebung nachgewiesen.

Sie sind extrem energiereich und mehr als zehnfach heller als andere Supernovae: Paarinstabilitäts-Supernovae gehören zu den außergewöhnlichsten kosmischen Ereignissen. Theoretiker haben schon vor Jahrzehnte ihre Existenz postuliert. Im Jahr 2007 konnten Astronomen dann erstmals in den Tiefen des Kosmos einen Kandidaten für eine solche Sternexplosion ausfindig machen. Ein internationales Team von Astronomen hat nun bei großen Rotverschiebungen gleich zwei dieser extrem leuchtstarken Supernovae nachweisen können. Die eine der beiden Supernovae liegt bei einer Rotverschiebung von 3,9, die andere bei 2,05. Beide Sternexplosionen haben sich also in der Frühzeit des Universums rund anderthalb bzw. drei Milliarden Jahre nach dem Urknall ereignet. Damit ist auch der bisherige Rekord für die Entdeckung entfernter Supernovae gebrochen, der bei einer Rotverschiebung von 2,36 lag.

Abb.: Hochaufgelöste Simulation einer frühen Galaxie und ihrer Umgebung. Links im Bild blitzt eine extrem leuchtstarke Supernova auf. (Bild: A. Malec, M. Martig (Swinburne University))

Paarinstabilitäts-Supernovae können nur bei extrem massereichen Sternen von mehr als der 130-fachen Sonnenmasse auftreten. Diese schweren Sterne sind zugleich auch sehr metallarm (in der Astronomie werden alle Elemente, die schwerer als Helium sind, als Metall bezeichnet). Folglich entstammen diese Sterne einer der ersten Sterngenerationen. Denn bei mit zunehmder Dauer reichern sich im interstellaren Medium schwerere Elemente an, die von den Supernovae der Vorgängersterne ins All geschleudert werden und der nächsten Sterngeneration als Material dienen.

Erwachsene Galaxien wie die Milchstraße sind dementsprechend reich an schweren Elementen. In ihnen kommen metallarme, superschwere Sterne nicht mehr vor. Somit sind in den heutigen großen Galaxien auch keine Paarinstabilitäts-Supernovae mehr zu erwarten. In der Frühzeit des Kosmos – bei hohen Rotverschiebungen und dementsprechend schwierig nachzuweisen – trat dieser Typ Supernovae jedoch wesentlich häufiger auf.

Die Ausnahme von dieser Regel sind jedoch Zwerggalaxien mit nur wenigen Millionen Sternen, da diese ebenfalls metallarm sind und somit auch heute noch die passenden Bedingungen bieten können. Die 2007 entdeckte, erste bekannte Paarinstabilitäts-Supernova fand in einer solchen Zwerggalaxie statt.

Im Innern von Sternen herrscht ein Gleichgewicht zwischen nach innen gerichteter Schwerkraft und nach außen wirkendem Strahlungsdruck. Dieses Gleichgewicht bleibt bei sehr massereichen Sternen solange erhalten, bis alles Material im Sterninnern zu Eisen fusioniert ist: Eisen ist üblicherweise das Endprodukt der Fusionsprozesse in schweren Sternen, da nur bis zu diesem Element Energie durch Fusion erzeugt werden kann. Solche Sterne explodieren in Kernkollaps-Supernovae, deren Überreste – je nach Masse des Ursprungsterns – Neutronensterne oder Schwarze Löcher sind.

Im Innern sehr metallarmer Sterne herrscht zwar ebenfalls eine enorm hohe Temperatur, denn diese steigt proportional zur Sternmasse. Der Druck ist aber im Gegensatz zu metallreichen Sternen nicht groß genug, um einen Eisenkern zu erzeugen, wie er sich in metallreichen Sternen mit höherer Dichte findet. Bei metallarmen, superschweren Sternen wächst die Temperatur ab einer bestimmten Entwicklungsstufe des Sterns jedoch so stark an, dass ein bestimmter Anteil der Photonen die Energiegrenze zur Elektron-Positron-Paarbildung übersteigt. Da diese Photonen nicht mehr zum Strahlungsdruck beitragen können, sinkt dieser und kann der Gravitation nicht mehr entgegenwirken: Das Zentrum des Sterns kollabiert und heizt sich schnell bis über eine Milliarde Kelvin auf.

Abb.: Helligkeitsentwicklung der Supernova SN 2213-1745 in Magnituden, aufgetragen bei verschiedenen Wellenlängen in 7-Tages-Schritten entsprechend dem Ruhesystem der Supernova. (Bild: J. Cooke et al., Nature)

Metallarme Riesensterne besitzen beim Kollaps im Sterninnern aber noch Potenzial zur Energieerzeugung durch Kernfusion. Ihr Zentrum besteht größtenteils aus Sauerstoff und Kohlenstoff. Beim Überschreiten der Paarinstabilitätsgrenze zündet durch die zunehmende Hitze deshalb eine unkontrollierte thermonukleare Explosion, die den Stern vollständig zerreißt. Das Sterninnere wird durch die Kernfusion gesprengt, so dass diese Supernovae auch keine Neutronensterne oder Schwarzen Löcher als Überbleibsel hinterlassen. Sie erzeugen allerdings große Mengen an radioaktivem Nickel-56, und zwar je nach Vorläuferstern bis zu etliche Sonnenmassen.

Dieses Nickel zerfällt mit einer Halbwertszeit von sechs Tagen zu Kobalt-56, und dann weiter zu stabilem Eisen-56. Das Nickel befeuert mit seiner Gammastrahlung die bei der Explosion ausgestoßene, umliegende Sternhülle und heizt sie enorm auf. Die große Menge an freigesetztem Nickel-56 sorgt damit für die anhaltend große Helligkeit der Supernova.

Die beiden nun nachgewiesenen Paarinstabilitäts-Supernovae mit Namen SN 2013-1745 und SN 1000+0216 folgen einem leicht unterschiedlichen Helligkeitsverlauf. SN 2013-1745 entspricht ebenso wie die 2007 entdeckte, erste bekannte Paarinstabilitäts-Supernova der vom Nickel-Zerfall zu erwartenden Kurve. Damit gehören diese beide zum seltenen Typ SLSN-R (Superluminous Supernova Radioactive). Die Helligkeit von SN 1000+0216 stieg langsamer, flachte dann aber ähnlich ab, wobei die Aufnahmen das Maximum leider nicht beinhalteten. Es ist anhand der Daten nicht ganz klar, was genau für die starke ultraviolette Strahlung dieser Supernova verantwortlich ist. Sie könnte zu dem Untertyp „pulsierender“ Paarinstabilitäts-Supernovae gehören oder ihre Helligkeit der Interaktion mit dem zirkumstellaren Material verdanken.

Wie die Forscher berichten, deuten die spektroskopischen Daten der Ursprungsgalaxien allerdings an, dass die beiden neuen Supernovae nicht zur allerersten Sterngeneration gehören. Diese bleibt weiterhin unerreicht und dürfte bei noch deutlich größeren Rotverschiebungen liegen. Dem Abdanken der ersten Generation von Riesensternen ist man aber deutlich näher gekommen.

Dirk Eidemüller

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