06.03.2017

Riesige Nanostrukturen

3D-Drucker erzeugt makroskopische Strukturen aus Nanopartikeln.

3D-Druck und die Erzeugung von Nanostrukturen trennen Welten – genauer gesagt mindestens zwei Größen­ordnungen in ihren Ausmaßen. Forscher der Washington State University haben nun jedoch eine Möglichkeit gefunden, die Vorteile beider Bereiche zu kombinieren. Sie benutzten einen 3D-Drucker auf Basis eines speziellen Sprüh­verfahrens, um aus Silber-Nanopartikeln Fachwerk­konstruktionen mit Gesamt­ausmaßen von einigen Millimetern zu drucken. Die Methode erlaubt es, durch nach­trägliches Sintern die Porosität des Materials auf der Nanoebene zu kontrollieren und ihm so gezielt bestimmte mechanische Eigenschaften zu geben.

Abb.: Die gedruckte Fachwerkkonstruktion ist über einen Millimeter hoch und dennoch gezielt auf der Nanoebene strukturiert. (Bild: M.S. Saleh et al.)

Die Natur macht es vor: Ein einfacher Grashalm etwa hält nicht nur sein eigenes Gewicht, er widersteht auch starkem Wind und richtet sich von selbst wieder auf, nachdem er zusammen­gedrückt wurde. Diese Widerstands­fähigkeit verdankt er einer Kombination aus makro­skopischen Streben und einer porösen Mikrostruktur. Unter dem Stichwort „Hierachische Materialien“ gewinnt dieses Konzept auch in den Material­wissenschaften zunehmend an Bedeutung.

Das Herzstück der nun vorgestellten Methode bildet ein Aerosol-Jet-Drucker. Dabei wird eine Lösung aus Wasser, Klebstoff und Nano­partikeln zunächst per Ultraschall zerstäubt und dann mit Hilfe von gasförmigem Stickstoff durch eine Düse ausgeblasen. Ein zweiter, äußerer Stickstoff­strom fokussiert den Strahl nach dem Austritt. So lassen sich, obwohl die Düsen Durchmesser zwischen 100 und 200 Mikrometern aufweisen, Strukturen mit Durchmessern von etwa 20 Mikrometern erzeugen.

Um dem Wasser Zeit zum Verdampfen zu geben, geschieht der Aufbau drei­dimensionaler Strukturen Punkt für Punkt, gesteuert durch einen mechanischen Shutter, der den Aerosol­strom unterbricht. Die Temperatur des Substrats ist dabei auf etwa 100 Grad Celsius eingestellt. Ist das Wasser vollständig verdampft, hält zunächst das der Lösung als Klebstoff beigesetzte Ethylen­glycol die etwa 30 bis 50 Nanometer großen Silber­partikel zusammen. Nach Fertig­stellung der gesamten Struktur erfolgt durch Erhitzen oder Bestrahlung ein abschließender Sinter­prozess. Dabei verflüchtigt sich der Klebstoff und zurück bleiben dichte Silber­strukturen. Durch Variation der Sinter­bedingungen ist es aber auch möglich, auf der Nanoebene eine gewisse Porosität zu erhalten und den Strukturen so verschiedene mechanische Eigenschaften zu geben.

Für Rahul Panat, den Leiter der Washingtoner Forschungsgruppe, stellt die neue Methode einen bedeutenden Fortschritt in der drei­dimensionalen Gestaltung von Materialien auf der Nano- und Makro­ebene dar – mit möglichen Anwendungen für Batterien, Katalysatoren oder Super­kondensatoren. Es gibt jedoch auch andere Ansätze mit ähnlichen Ziel­setzungen. So hat erst kürzlich eine Gruppe bestehend aus Forschern des MIT und der Universität Harvard eine 3D-Druck-Methode auf Basis eines keramischen Schaums vorgestellt.

Auch bei dieser Arbeit geht es um die Herstellung von Materialien mit unabhängig voneinander einstellbaren Makro- und Mikro­strukturen. Anstelle eines mit Nano­partikeln versetzten Aerosols verwendeten die Forscher allerdings einen Schaum aus Aluminium­partikeln, Wasser und Luft, um mehrere Kubik­zentimeter eines waben­förmiges Materials zu drucken. Trocknet der Schaum aus, bildet er ein keramisches Material mit luft­gefüllten Bläschen. Auch hier lässt sich über die Größe der Bläschen die gewünschte Mikro­struktur einstellen, während die gedruckte Waben­struktur die makro­skopischen Eigenschaften bestimmt. So gelang es, Materialien herzustellen, die in Relation zu ihrer Dichte eine außergewöhnlich hohe Steifigkeit aufweisen.

Panat zufolge ergänzen sich die beiden Methoden und könnten, gemeinsam angewandt, einen weiten Bereich an Längen­skalen in der Gestaltung neuartiger Materialien abdecken. „Verglichen zur Schaum­extrusion ist unsere Methode aber besser geeignet, um kleine Strukturen zu realisieren“, betont er. So konnten sie etwa Stäbchen mit Durchmessern von nur 20 Mikrometern und Länge-Breite-Verhältnissen von bis zu 20:1 hergestellen. Darüber hinaus ist es mit der Aerosol-Jet-Methode möglich, auch schiefe Säulen ohne die Verwendung von Stütz­material zu erzeugen – Experimente zeigen Stäbchen mit einer Neigung von 37 Grad, gemessen zur waagrechten Substrat­ebene. Auf Basis solcher Streben gelang es den Forschern, Fachwerk­konstruktionen mit Gesamtkantenlängen von etwa einem Millimeter realisieren. Das Drucken eines solchen Gebildes dauert etwa 40 Minuten.

Abhängig von den Sinterbedingungen bestehen die Bauelemente entweder aus dichtem oder porösem Silber und machen die Konstruktion somit entweder steif oder flexibel. Zu Demonstrations­zwecken haben die Forscher deshalb auch dehnbare Strukturen gedruckt, die sich wie ein Akkordeon auseinander ziehen lassen und dank ihrer elektrischen Leit­fähigkeit Einsatz in flexibler Elektronik finden könnten. Wie die Wissenschaftler betonen, ist ihre Methode nicht auf Silber-Nanopartikel beschränkt, sondern könnte in Zukunft auf jedes Material ausgeweitet werden, dass sich in Form von Nano­partikeln in einer Flüssigkeit auflösen lässt.

Thomas Brandstetter

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