Röntgenblick in lebende Zellen
Zellstrukturen in Mikrofluidik-Messkammern im Nanometerbereich abgebildet.
Wissenschaftler an der Universität Göttingen haben eine neue Methode entwickelt, um lebende Säugerzellen mit harter Röntgenstrahlung zu untersuchen. Die Säugerzellen wurden während der Messung in speziellen Mikrofluidik-Messkammern ständig mit Nährstoffen versorgt. Den Forschern gelang es, mit Röntgenstrahlen in hoher Auflösung Strukturen im Nanometerbereich zu untersuchen. Dabei registrierten sie im direkten Vergleich deutliche Unterschiede zwischen lebenden und chemisch fixierten Zellen.
Abb.: Röntgen-Dunkelfeld-Bild von zwei chemisch fixierten Säugerzellen. Erkennbar sind die Zellkerne, die besonders stark streuen (gelb/rot), sowie intrazelluläre Netzwerkstrukuren. (Bild: U. Göttingen)
In den Lebenswissenschaften wird standardmäßig mit chemisch fixierten Zellen gearbeitet. Die neue Methode versetzt Wissenschaftler nun in die Lage, auch gänzlich unfixierte und unmarkierte Proben mit Nanometerauflösung zu untersuchen. „Wir konnten erstmals zeigen, dass durch die chemische Fixierung im Bereich zwischen etwa 30 und 50 Nanometer einige Strukturen zerstört werden und andere zusätzlich entstehen“, erläutert Sarah Köster vom Institut für Röntgenphysik der Universität Göttingen. Die hochaufgelöste Abbildung biologischer Materie und insbesondere von lebenden Zellen birgt großes Potenzial im Bereich der zellulären Biophysik: Sie eröffnet neue Möglichkeiten für die Untersuchung der Struktur und Funktion von Organismen.
Im Gegensatz zu etablierten Techniken wie der Fluoreszenzmikroskopie oder der Elektronenmikroskopie haben Röntgenmethoden den Vorteil, dass das untersuchte System direkt, also ohne bestimmte Komponenten markieren oder anfärben zu müssen, abgebildet werden kann. Die speziell für diese Art der Analyse entwickelten Mikrofluidik-Messkammern – Flusskammern mit Kanälen im Mikrometerbereich – gewährleisten während der Messung eine möglichst „natürliche“ Umgebung für die Zellen. Röntgenphotonen können außerdem tiefer in die Materie eindringen als Elektronen, was eine Abbildung der inneren Struktur auch von vergleichsweise dicken Proben wie ganzen Zellen ermöglicht.
U. Göttingen / PH