Schaltbare Glasscheibe als Solarzelle
Photovoltaisch aktive Perowskit-Kristalle zeigen thermochromen Phasenwechsel.
Transparente Glasscheiben lassen sich bereits auf Knopfdruck verdunkeln. Forscher an der Stanford University nutzten dazu vergangenes Jahr kleine Mengen an Kupfer- und Silberperchlorat in einem wässrigen Gel, das sie zwischen zwei Glasscheiben einlagerten. Mit elektrischen Spannungen gesteuert, bildeten sich in dieser elektrochromen Schicht Kristalle und die Transmissionsrate für sichtbares Licht sanke auf unter fünf Prozent. Nun erweiterten Wissenschaftler an der University of California in Berkeley diese Funktion mit einem Wandel zu einem photovoltaisch aktiven Fenster, dass im verdunkelten Zustand sogar Strom erzeugen konnte. Der reversible Wechsel zu einem eingefärbten Solarfenster beruhte auf einem Phasenwechsel hauchdünner Perowskit-Schichten. Anwendungen dieser Technologie sehen die Forscher für die Verglasung von Gebäuden mit möglichst hoher Energieeffizienz oder auch für Autoscheiben und elektronische Anzeigetafeln.
Abb.: Prototyp der thermochromen Glasscheiben mit beiden kristallinen Phasen des Perowskit-Materials – links durchsichtig, rechts verdunkelt und photovoltaisch aktiv. (Bild: J. Lin et al., UC Berkeley)
Jia Lin und seine Kollegen deponierten für ihren Prototypen auf einem durchsichtigen Glasträger eine rund 200 Nanometer dünne Schicht aus einem Perowskit-Material auf der Basis von Caesiumbleiiodid und -bromid. Auf der Oberseite schirmten die Forscher die Perowskit-Schicht mit dünnen Lagen aus Zinnoxid und elektrisch leitfähigem Indiumzinnoxid vor Feuchtigkeit und Luft ab. Bei Raumtemperatur ließ dieses Solarfenster mehr als 81,7 Prozent des sichtbaren Lichts hindurch. Nach einer Wärmebehandlung und unter Sonneneinstrahlung färbte es sich binnen weniger Minuten orange-rot ein und wandelte sich parallel zu einer Solarzelle mit gut sieben Prozent Wirkungsgrad.
Für diesen Wandel war ein Phasenwechsel der Perowskit-Materialien verantwortlich. Im durchsichtigen Zustand lagen die Kristalle in einer kubischen Struktur und waren weitestgehend durchsichtig. Bei einer Temperatur von 105 Grad Celsius jedoch bildete sich die weniger transparente Perowskit-Kristallstruktur aus. Diese blockierte gut zwei Drittel des sichtbaren Lichts (Transmissionsrate 35,4 Prozent) und war zugleich photovoltaisch aktiv. Auf Raumtemperatur abgekühlt und etwas Feuchtigkeit ausgesetzt, ließ sich dieser Phasenwechsel umkehren; das thermochrome Solarfenster wurde wieder durchsichtig. Pilotversuche zeigten, dass dieser Wechsel einige Dutzend Male ohne große Einbußen beim Wirkungsgrad möglich war.
Mit ihrem Prototypen konnten Lin und Kollegen belegen, dass schaltbare Fenster nicht nur Sonnenlicht auf Wunsch abschirmen sondern zugleich photovoltaischen Strom erzeugen können. Vor einer Anwendung in Bürogebäuden oder als Autoscheibe müsste jedoch die bisher relativ hohe Phasenwechseltemperatur von knapp über 100 Grad weiter gesenkt werden. Auch die für das reversible Schalten notwendige Feuchtigkeit könnte die Stabilität der Perowskit-Schichten auf Dauer beeinträchtigen. Doch da sich die Zusammensetzung von Perowskit-Materialien stark variieren lässt, könnte in weiteren Studien eine Materialmischung ohne diese Nachteile gefunden und auch der Wirkungsgrad noch gesteigert werden. „Ein tiefes Verständnis der Phasenwechsel in anorganischen Perowskiten könnte zu einem besseren Kontrolle der Schaltprozesse führen“, ist Jia Lin überzeugt.
Jan Oliver Löfken
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