Schneller Sensor für Wärmeflüsse
Neue Technologie liefert Messdaten im Mikrosekundenbereich.
Startet man den Motor eines Autos, entstehen Verbrennungsgase mit sehr hohen Temperaturen von mehr als 1000 Grad Celsius. Treffen diese auf die Zylinder- und Kolbenwand kommt es zu sehr hohen Wärmelasten, die normalerweise nur selten erreicht werden. Ein Teil der Wärmeenergie wird dabei über die Brennraumwände wieder abgeführt, wodurch es in Wandnähe zu einer unsauberen Verbrennung und zur Entstehung von Rußpartikeln kommt. Unter der Leitung von Tim Rödiger entwickelte nun ein Forscherteam der Hochschule Landshut in Zusammenarbeit mit dem Motorenbauer Siegfried Spiess eine Sonde, mit der sich dieser Wärmefluss direkt und ohne Umwege über eine Temperatur- oder Druckmessung ermitteln lässt. Damit ermöglicht die neue Technik eine zehn- bis hundertmal schnellere Messung als bisher.
Die Methode könnte in Zukunft helfen, Brennverfahren und thermische Modelle von Motoren zu verbessern und damit den Ausstoß von Schadstoffen zu reduzieren. Auch für die künftige Untersuchung von alternativen Kraftstoffen und wasserstoffbasierten Antrieben ist die neue Technologie relevant. Gemeinsam mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern Konstantin Huber und Felix Gackstatter sowie dem Industriepartner Spiess führte Rödiger die Messkampagne auf einem Prüfstand an einem speziell präparierten Motorblock durch. „Der Teil der Energie, der über die Wände des Brennraumes abgeführt wird, bezeichnen wir als Verlustwärmefluss“, erläutert Rödiger und zieht dabei den Vergleich zur menschlichen Haut. So sei unsere Haut auch eine Art Wärmeflusssensor: „Saunaluft mit neunzig Grad Celsius können wir gut ertragen, jedoch würde die Haut beim Kontakt mit neunzig Grad heißem Wasser verbrühen.“ Dies hänge mit dem Wärmefluss zusammen, der in Wasser deutlich höher ist als an der Luft.
Im Verbrennungsmotor können sehr hohe Wärmelasten entstehen. „Der Grund dafür ist, der schnelle Ablauf des Zündungs- und Verbrennungsvorgangs“, erklärt Rödiger, „damit kann es kurzzeitig zu sehr hohen Wärmeflüssen kommen.“ Mithilfe des neuen ALTP-Sensors – ALTP steht für Atomlagenthermosäule – ist es nun erstmals möglich, diese noch detaillierter zu ermitteln. „Dabei zeigen die Messungen, dass die Spitzenlasten weit höher liegen könnten, als bisherige Untersuchungen und Modelle vorhersagen“, so Rödiger. Von der neuen Methode könnten in Zukunft Hersteller von Motoren und anderen Verbrennungssystemen profitieren, vom Mobilitäts- bis hin zum Energiesektor.
„Die neue Technologie liefert uns Informationen, die uns die komplexen Abläufe der Verbrennung besser verstehen lassen, zum Beispiel können damit bessere Vorhersagen zur Schadstoffentstehung und zum Verschleiß von Bauteilen entwickelt werden“, betont Rödiger. Zudem könnten die Messungen künftig helfen, die Motor- und Verbrennungssteuerung zu verbessern sowie neue Motorkonzepte und effizientere Modelle zu entwickeln. „Gerade für die Untersuchung von alternativen Brennstoffen sind die Informationen relevant“, so der Professor. So erzielen beispielsweise Wasserstoffflammen in Motoren und Gasturbinenbrennkammern noch höhere Temperaturen und brennen deutlich näher an der Wand, was zu noch höheren Wärmestromdichten führt. Das müsse bei der Entwicklung von Bauteilen in Zukunft mitberücksichtigt werden.
Die neue Technologie misst im Mikrosekundenbereich und gilt damit als weltweit schnellste Methode. „Bisher wurde das ALTP-Verfahren nur für Kurzzeitmessungen in Windkanälen und Prüfständen erprobt“, so Rödiger, „wir haben die Technik so modifiziert, dass sie einfach anwendbar ist und für stark beanspruchende zyklische, thermische und mechanische Lasten eingesetzt werden kann. Der Sensor wird mit direktem Brennraumanschluss im Motorblock verbaut und muss dadurch sowohl den hohen Temperaturen und Wärmelasten, als auch dem immensen Druck im Brennraum standhalten. Rödiger sagt: „Wir haben zwar innerhalb des Forschungsprojekts die Sensorik für unsere Untersuchungen im Verbrennungsmotor verwendet, allerdings eröffnet sie ein weites Anwendungsgebiet über diesen Bereich hinaus.“
HS Landshut / JOL