26.02.2015

Schwarzes Loch mit Rekordmasse im jungen Kosmos

Zwölf Milliarden Sonnenmassen – und das bereits 875 Millionen Jahre nach dem Urknall.

Die Astrophysiker gehen heute davon aus, dass nahezu jede Galaxie in ihrem Zentrum ein schwarzes Loch mit der millionen- oder gar milliardenfachen Masse der Sonne beherbergt. Größere Galaxien enthalten auch größere schwarze Löcher – ein Indiz dafür, dass sich Galaxien und schwarze Löcher im Verlauf der kosmischen Geschichte gemeinsam entwickeln. Die ersten großen schwarzen Löcher nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren besaßen vermutlich eine Masse zwischen 100 und 100.000 Sonnenmassen. Durch Verschmelzungen und durch die Akkretion von Materie nahm ihre Masse stetig zu.

Abb.: So könnte es aussehen: Künstlerische Darstellung eines Quasars, eines supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum einer Galaxie. (Bild: M. Kornmesser, ESO)

Doch diesem Prozess sind Grenzen gesetzt. Die einfallende Materie erhitzt sich und beginnt zu strahlen. Je mehr Materie einfällt, desto größer die Leuchtkraft des aktiven Galaxienkerns. Erreicht die Leuchtkraft das Eddington-Limit, so stoppt der damit verbundene Strahlungsdruck die weitere Akkretion. Die Masse von schwarzen Löchern im jungen Kosmos sollte also durch das Eddington-Limit beschränkt werden. Trotzdem haben Astronomen bereits rund vierzig Quasare mit etwa einer Milliarde Sonnen­massen oberhalb einer Rotverschiebung von sechs gefunden. Die Existenz solcher supermasse­reicher schwarzen Löcher zu einer Zeit, als das Universum weniger als eine Milliarde Jahre alt war, stellt eine ernste Heraus­forderung für die Theorie der Entstehung und Entwicklung dieser Objekt dar.

Diese Herausforderung hat sich jetzt noch einmal verschärft. Xue-Bing Wu von der Universität Peking und seine Kollegen haben einen neuen Rekord-Quasar mit einer Rotverschiebung von 6,3 aufgespürt. Das entspricht einer Licht­laufzeit von 12,9 Milliarden Jahren und einer Weltalter von 875 Millionen Jahren. SDSS J0100+2802 ist der bislang leuchtkräftigste Quasar oberhalb von z = 6 und zudem mit einer aus dem infraroten Spektrum abgeleiteten Masse von zwölf Milliarden Sonnen­massen der masse­reichste. Um eine solche Masse zu erreichen, hätte das schwarze Loch über seine gesamte Lebensdauer nahe am Eddington-Limit Materie akkretieren müssen. Bislang gehen die Astronomen jedoch davon aus, dass sich ein derart extremer Zustrom von Materie nur über einen Zeitraum von zehn bis hundert Millionen Jahren aufrecht erhalten lässt.

SDSS J0100+2802 stellt daher nach Ansicht von Wu und seinen Kollegen sowohl die Vorstellung der Ko-Evolution von supermas­sereichen schwarzen Löchern und ihren Wirtsgalaxien infrage, als auch die strenge Begrenzung der Materie-Akkretion durch den Strahlungsdruck. Das Team hofft nun, weitere extreme schwarze Löcher im jungen Kosmos aufzuspüren. Leuchtkräftige Quasare wie SDSS J0100+2802 seien eine einzigartige Ressource nicht nur zur Untersuchung der Galaxien­entstehung und des Wachstums der supermas­sereichen schwarzen Löcher, sondern generell der Epoche der kosmischen Re­ionisierung.

Rainer Kayser

RK

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