30.12.2022

Software für molekulare Bildgebung

Software-Projekt erweitert die Möglichkeiten hochauflösender Fluoreszenz-Mikroskopie.

Bildgebende Technologien sind von zentraler Bedeutung, wenn es darum geht, die Grundlagenforschung in praktisch allen Disziplinen der Lebens­wissenschaften voranzutreiben. Dabei gilt: Je höher die Auflösung dieser Bilder ist, je kleiner die dargestellten Objekte sind, desto größer ist auch der Erkenntnis­gewinn. Jetzt arbeitet eine Forschungs­gruppe am Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) an der Entwicklung einer neuen Software, mit der es möglich ist, Bilder mit einer extrem hohen Auflösung leichter darzustellen und zu analysieren.

Abb.: Mikrotubuli, aufgenommen mit hoch­auflösender Mikroskopie (SMLM). Die...
Abb.: Mikrotubuli, aufgenommen mit hoch­auflösender Mikroskopie (SMLM). Die Auflösung wird beeinflusst von der Präzision, mit der einzelne Moleküle lokalisiert werden (rund 100 Nanometer in a, rund zehn Nanometer in b und c) und der Pixel­größe des erzeugten Bildes. (Bild: S. Doose / U. Würzburg)

Verantwortlich für dieses Projekt ist Sören Doose, Forschungs­gruppen­leiter am Lehrstuhl für Bio­technologie und Biophysik. Die Chan Zuckerberg Initiative (CZI), eine Stiftung von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg und seiner Ehefrau Priscilla Chan, unterstützt das Vorhaben mit 25.000 US-Dollar. Doose kann damit eine lokale Plattform für Software-Entwicklung, Tests und Backups innerhalb der Abteilung aufbauen.

„Wenn wir hochauflösende Fluoreszenz-Mikro­skopie-Aufnahmen beispiels­weise von einzelnen Molekülen machen wollen, setzten wir eine spezielle Technik ein – die Einzelmolekül-Lokalisations­mikroskopie, kurz SMLM“, erklärt Doose. Im Unterschied zu klassischen, bildbasierten Mikroskopie-Techniken liefert SMLM punkt­basierte Daten, die erst mit speziellen Methoden umgewandelt werden müssen, bevor ein Bild sichtbar wird.

„Am Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik verwenden wir solche speziellen Analysewerkzeuge, wenn wir beispiels­weise Aufnahmen aus der Fluoreszenz­mikroskopie anzeigen und analysieren wollen“, erklärt Doose. Zum Einsatz kommt dabei in der Regel ein multi­dimensionaler Bild­betrachter – eine Software, die auf Basis der Programmiersprache Python entwickelt wurde. Ihr Name lautet Napari.

Napari allein reicht den Wissenschaftlern allerdings noch nicht aus. „Die Vielfalt der kommerziellen und maß­geschneiderten SMLM-Plattformen erfordert ein Napari-Plugin, das die verschiedenen punkt­förmigen Daten­formate liest und verarbeitet“, erklärt Doose. Nur mit Hilfe solcher Plugins ist es möglich, ein zwei- oder drei­dimensionales Bild zu erhalten, das in Napari angezeigt und weiter­verarbeitet werden kann.

Doose und sein Team haben bereits ein Softwarepaket für die SMLM-Datenanalyse entwickelt, das aus einer Python-basierten Bibliothek besteht. Das Napari-Plugin baut auf dieses Paket auf. Dank der finanziellen Unterstützung der Chan Zuckerberg Initiative kann das Team nun die Software weiter den eigenen Anforderungen anpassen, testen und für den Betrieb in der Praxis fit machen. „Unsere Entwicklung wird pixel­basierte Bilder liefern, die für die weitere digitale Bild­verarbeitung mit anderen Napari-Plugins leicht verfügbar sind“, verspricht Doose.

Vom Nutzen dieser Entwicklung ist auch Markus Sauer überzeugt, Leiter des Lehrstuhls für Biotechnologie und Biophysik der JMU. „Aus der Erfahrung in meinem Labor kann ich sagen, dass Open-Source-Software wie die Napari-Umgebung allen Mikroskopie-Anwendern, die mit maßgeschneiderten Instrumenten arbeiten, große Vorteile bringt“, sagt er. Eine erfolgreiche Implementierung des neuen Napari-Plugins wird seiner Meinung nach der gesamten Superresolution-Mikroskopie-Gemeinschaft fehlende Funktionalität bieten.

Methoden der Superresolution-Mikroskopie bilden einen Schwerpunkt der Forschung am Lehrstuhl für Biotechnologie und Biophysik der JMU. Angewandt auf biologische Proben liefern sie neue Einblicke in die strukturelle Organisation von Zellen und die Dynamik biomolekularer Prozesse. Der hoch­auflösenden Fluoreszenz­mikroskopie kommt dabei eine besondere Rolle zu: Sie ermöglicht den Blick auf einzelne Moleküle sowie Visualisierung der räumlichen Verteilung oder der Anzahl bestimmter Proteine in diversen Zellstrukturen.

Mit Hilfe dieser Technik untersuchen die Wissenschaftler beispielsweise Rezeptoren auf Tumorzellen und liefern damit wichtige Informationen für eine Krebs­therapie mit Immunzellen. In den Neuro­wissenschaften tragen sie zu einem besseren Verständnis der Vorgänge im menschlichen Gehirn bei, indem sie neue Einblicke in die Signal­übertragung an den Synapsen ermöglichen. Alles in allem zeigen sie mit ihrer Arbeit, wie die Natur Funktionen des Lebens auf molekularer Ebene koordiniert.

U. Würzburg / DE

 

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