05.05.2008

Sonnensonde Ulysses droht das Aus

Sie war der Sonne so nah wie keine andere Sonde vor ihr. Doch nach 18 Jahren im Orbit droht der europäisch-amerikanischen Sonnensonde Ulysses nun das Aus.

Darmstadt (dpa) - Sie war der Sonne so nah wie keine andere Sonde vor ihr, und als bislang einziger künstlicher Himmelskörper ist sie über die Pole unseres Sterns geflogen. Doch nach 18 Jahren im Orbit droht der europäisch-amerikanischen Sonnensonde Ulysses nun das Aus. Dabei macht dem Methusalem unter den Sonden keineswegs die Hitze zu schaffen, denn im Moment ist er rund 400 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt: «In einer Ecke von Ulysses gibt es Treibstoffleitungen, und dort ist es so kalt, dass der Treibstoff bald gefrieren wird», sagt der Abteilungsleiter für interplanetare Missionen beim Satellitenkontrollzentrum der Europäischen Weltraumorganisation ESA (ESOC) in Darmstadt, Paolo Ferri.

Um das Ende der einzigartigen Expedition etwas hinauszuzögern, schalten die Wissenschaftler auf der Erde die Treibstoffversorgung nicht nur alle drei Tage ein wie sonst, sondern alle paar Stunden. «Der Treibstoff soll sich bewegen, um nicht zu gefrieren», sagt Ferri. Pro Woche sinke die Temperatur um 0,5 Grad Celsius, im Juni oder Juli sei die Mission voraussichtlich vorbei. «Dann können wir die Sonde nicht mehr bewegen, sie nicht mehr zur Erde hin ausrichten, keine Befehle mehr geben und keine Signale mehr empfangen», berichtet Ferri. Der Kontakt bricht ab, und Ulysses wird wohl bis in alle Ewigkeit die Sonne umkreisen. Für die Forscher ist sie dann verloren.

Bislang erhielt das 366,7 Kilogramm schwere Raumschiff in der Größe eines Kleinwagens, das fast viermal länger aktiv blieb als ursprünglich geplant und die Sonnenpole dreimal umrundete, Strom durch die thermale Ausstrahlung eines Plutonium-Generators. «Aber die Strahlung wird langsam schwächer, uns geht allmählich der Strom aus», erklärt Ferri. Deshalb könne die Sonde nicht mehr geheizt werden.

Auch ein Rettungsversuch schlug weitgehend fehl: Im Januar schalteten die Wissenschaftler einen energiefressenden Sender an Bord vorübergehend ab, der Daten an die Bodenstationen sendet. «Dadurch wollten wir 60 Watt Leistung einsparen, um sie für wissenschaftliche Instrumente und das Heizsystem zu nutzen», sagt der Ulysses- Missionsleiter der ESA, Richard Marsden. Der Sender konnte zwar aus-, nicht aber wieder eingeschaltet werden. Seitdem ist der Notsender aktiv, der aber wesentlich weniger Daten an die Erde schicken kann.

Ulysses wurde 1983 im Auftrag der ESA von der damaligen Dornier gebaut. Doch nach dem verheerenden Space Shuttle-Unglück von 1986 wurden alle Programme zunächst gestrichen. Die Sonnensonde konnte erst 1990 mit Hilfe der US-Raumfähre «Discovery» im All ausgesetzt werden - um wie ihr Namensgeber aus der griechischen Mythologie in bislang unerforschte Regionen vorzustoßen: Als erste Sonde in der Geschichte der Raumfahrt flog sie über und unter der Sonne in einer über die Pole führenden Bahn, statt wie alle Raumfahrzeuge zuvor in der Ebene der Erdbahn (Ekliptik). In dieser Ebene drehen sich alle Planeten außer Pluto in einer Art Planetenkarussell.

Um den Orbit des 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernten «Feuerballs» zu erreichen, wurde Ulysses aus der Erdbahnebene katapultiert. Dazu flog die Sonde 1992 zunächst zum Jupiter, von wo sie in einem starken Gravitationsfeld senkrecht aus der Bahn geschleudert wurde. So konnte das 150 000 Stundenkilometer schnelle Flugobjekt die Sonne 1994 erreichen und in 300 Millionen Kilometern Abstand zunächst deren Südpol, ein Jahr später den Nordpol passieren.

Auf ihrer Reise um die Sonne, die in 27 Tagen um die eigene Achse rotiert und für das Leben bei uns mehr Bedeutung hat als jeder andere Himmelskörper, funkte Ulysses teils bahnbrechende Erkenntnisse zur Erde. So stellten die Forscher fest, dass der die Erde beeinflussende Sonnenwind über dem Südpol unseres Zentralgestirns doppelt so schnell strömt wie über dem Äquator der Sonne. Außerdem fand die Sonde ein einheitliches Magnetfeld der Sonne vor und keine magnetischen Pole, wie sie Messungen von der Erde aus ergeben hatten. Auch die kosmische Strahlung ist in diesen hohen Breiten zwar intensiver, aber nicht in dem Ausmaß, wie es die Wissenschaftler zuvor angenommen hatten.

Harald Schmidt, dpa

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