Speicherfreie Quantenrepeater im Blick
Neue Arbeitsgruppe an der Universität Würzburg erhält knapp fünf Millionen Euro.
Tobias Huber forscht am Lehrstuhl für Technische Physik der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) zu Quantenkommunikation und Quantencomputer. Für ein neues Projekt erhält er jetzt 4,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Damit kann der Physiker seine eigene Nachwuchsgruppe aufbauen und über die Laufzeit von fünf Jahren hinweg an den Grundlagen der Quantentechnologien der zweiten Generation forschen. „Wir arbeiten daran, Photonen mithilfe von Halbleiterstrukturen in speziellen, komplex verschränkten Zuständen zu präparieren“, beschreibt Huber das Ziel der neuen Forschungsgruppe.
Verschränkung ist neben der Superposition eine von zwei Schlüsselkomponenten für Quantentechnologien und bildet die Grundlage für Quantencomputer und Quantenkommunikation. Huber versetzt dafür in einem Halbleiter ein Elektron in einen angeregten Zustand. Fällt dieses Elektron anschließend in seinen Grundzustand zurück, emittiert es ein Photon. Wird dieser Prozess wiederholt, entstehen Photonen, die miteinander verschränkt sein können. Mit drei Photonen will Huber starten; am Ende hofft er, auf diese Weise bis zu 32 untereinander verschränkte Photonen erzeugen zu können. Ein Beispiel dafür sind Quantennetzwerke, die Information mit Lichtteilchen übertragen. Weil es dabei jedoch zu unvermeidbaren Leitungsverlusten kommt, sind die Übertragungsstrecken bisher begrenzt. Abhilfe sollen Quantenrepeater als Signalverstärker schaffen. „Mit der Technik, an der wir arbeiten, wäre es möglich, speicherfreie Quantenrepeater zu entwickeln, was den Vorteil hat, dass man die zahlreichen Knoten eines Quantennetzwerks nicht mehr synchronisieren muss“, so Huber.
Verschränkte Photonen sind auch die Grundlage von Quantencomputern. Als Informationsträger eingesetzt, können sie nicht nur Werte von Null oder Eins annehmen, sondern auch alle Zustände dazwischen. So hat Google einen Quantencomputer entwickelt, der mit 53 Qubits rechnet, und ist damit weltweit führend. Der Rechner ist in der Lage, spezielle Probleme innerhalb weniger Minuten zu lösen – wofür traditionelle Hochleistungsrechner mehrere tausend Jahre gebraucht hätten. „Quantencomputer sind Spezialrechner, die spezielle Probleme extrem effizient lösen können“, antwortet Tobias Huber. Was sie unter anderem so interessant macht, ist die Tatsache, dass unter diese speziellen Probleme die Primfaktorzerlegung fällt – und damit die Basis der meistgenutzten Verschlüsselungstechniken weltweit. Ein Quantencomputer wäre in der Lage, verschlüsselte Botschaften in kürzester Zeit zu knacken.
Um trotzdem sicher kommunizieren zu können, liefert allerdings Quantentechnologie auch die Lösung: Dafür arbeiten die Beteiligten mit einem geheimen Schlüssel, den sie mit Hilfe von verschränkten Photonen erzeugt haben. Greift ein unbefugter Zuhörer nun auf ein Photon zu, verändert sich dessen Zustand – und damit automatisch auch der Zustand sämtlicher verschränkter Photonen. Und die Gesprächspartner sehen: Sie werden gerade belauscht. Einfach wird die Arbeit für Tobias Hubers Nachwuchsgruppe nicht, und fünf Jahre sind dafür knapp bemessen. „Teilziele sind auf jeden Fall erreichbar. Es wird aber extrem herausfordernd, alle von uns gesteckten Ziele zu verwirklichen“, sagt er. Sogar das Risiko eines Ausfalls besteht seinen Worten nach. Denn letzten Endes sei seine Arbeit in Würzburg noch Grundlagenforschung.
Huber profitiert vom Nachwuchswettbewerb „Quantum Futur“ des BMBF. Es ist Teil des Programms „Quantentechnologien – von den Grundlagen zum Markt“. Er soll jungen Akademikerinnen und Akademikern beste Start- und Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches wissenschaftliches Arbeiten bieten. Nachwuchsköpfe sollen so die Möglichkeit erhalten, den Übergang von Erkenntnissen der Grundlagenforschung in neuartige Anwendungen in der Industrie zu stimulieren. Bei der zweiten Generation der Quantentechnologien steht der kontrollierte Quantenzustand einzelner oder gekoppelter Systeme im Vordergrund, das heißt seine gezielte Präparation, seine kohärente Kontrolle und nachfolgende Auslese. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten für neue Anwendungen in der Informationsübertragung und -verarbeitung, höchstpräzise und sensible Mess- und Abbildungsverfahren oder auch die Überwindung heutiger Beschränkungen bei der Simulation komplexer Systeme.
U. Würzburg / JOL