22.10.2015

Spitzenforschung in Europa

Deutsche Naturwissenschaftler waren mit ihren Anträgen beim European Research Council am erfolgreichsten.

Seit 2007 haben exzellente Nachwuchsforscherinnen und –forscher, aber auch etablierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit, sich beim European Research Council (ERC) um eine individuelle Förderung ihrer Ideen zu bewerben. Das große Interesse an dieser europaweiten Förderlinie belegen mehr als 44 000 Anträge, die den achtzehn Aufrufen zur Antragstellung bis 2013 folgten. Davon wurden über 4300 Projekte gefördert, was einer Förderquote von 9,8 Prozent entspricht. Nun liegt der umfangreiche Bericht „Science behind the Projects“ vor, der die Aktivitäten des ERC in den Jahren 2007 bis 2013 analysiert.

Der ERC teilt die Wissenschaft in drei breite Themenfelder auf. Im Bereich „Naturwissenschaften und Technik“ finden sich Physik und Chemie, Mathematik und Informatik sowie die Ingenieurwissenschaften. Der Bericht vergleicht das Abschneiden der Antragsteller aus den verschiedenen Themenfeldern. In den Naturwissenschaften waren 1961 Anträge erfolgreich in den Lebenswissenschaften nur 1576. Europaweit erreichten die Mathematiker die höchste Förderquote von 13 Prozent. Teilchen-, Plasma- und Atomphysiker blieben mit 12 Prozent genau wie Krebsforscher nur knapp dahinter.

Die Mobilität erfolgreicher Forscher in Europa ist ein zentrales Anliegen des ERC. Daher besteht die Möglichkeit, mit den eingeworbenen Mitteln zu einem anderen Institut ins Ausland zu wechseln. Während zwischen 2007 und 2013 nur elf erfolgreiche Forscher Deutschland den Rücken kehrten, zog es 28 Geförderte aus dem Ausland an deutsche Forschungseinrichtungen. Ein Indiz, mit dem sich Deutschland europaweit als attraktiver Forschungsstandort zeigt. Zum Vergleich: Großbritannien liegt mit 22 Zugängen an zweiter Stelle, muss aber gleichzeitig zwanzig Abgänge verkraften.

Innerhalb Deutschlands waren die Naturwissenschaftler am erfolgreichsten und warben fast die Hälfte der 614 geförderten Projekte ein. Davon gingen 55 Projekte an Forscher aus Max-Planck-Instituten. Europaweit schnitten nur der französische CNRS (112 Projekte), die Universität Cambridge (61 Projekte) und die ETH Zürich (56 Projekte) besser ab als die Max-Planck-Institute. Dahinter steckt allerdings ein großer Aufwand, wie die Förderquote der MPI von 17,4 Prozent zeigt. Wesentlich effektiver arbeiteten in Deutschland Naturwissenschaftler der Universität Bonn, die mit zwölf erfolgreichen Anträgen eine Förderquote von 30,8 Prozent erzielten. Mit respektablem Abstand folgen die LMU München (21,9 Prozent, sechzehn Anträge), die Uni Heidelberg (21,4 Prozent, zwölf Anträge), die TU München (18,6 Prozent, neunzehn Anträge) und die Uni Hamburg (17,5 Prozent, sieben Anträge).

Der Bericht analysiert die Förderung des ERC nach zahlreichen weiteren Kriterien z. B. auch nach dem Geschlecht der Antragsteller. Während bei den erfolgreichen Nachwuchsforschern der Frauenanteil noch etwa 35 Prozent beträgt, fällt er bei den etablierten Wissenschaftlern auf 15 Prozent ab. Außerdem sind die Förderquoten bei Frauen unabhängig vom Erfahrungsstand der Wissenschaftler etwas geringer als bei Männern. Ausnahme ist das Themenfeld „Naturwissenschaft und Technik“, in dem Frauen ähnlich erfolgreich sind wie ihre männlichen Kollegen.

Von 2007 bis 2013 stand dem ERC ein Budget von 7,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Was sich zunächst nach sehr viel Geld anhört, erweist sich auf den zweiten Blick angesichts der Aufgabenfülle und europaweiten Förderung sowie der langen Laufzeit als eher geringer Betrag. Viele nationale Geldgeber verfügen über weitaus größere Summen. So gab die DFG allein 2012 mit 2,5 Milliarden Euro mehr als das Doppelte an Fördergeldern aus als dem ERC durchschnittlich zur Verfügung standen.

Insgesamt zieht der Bericht eine positive Bilanz der Förderinstrumente des ERC. Seit vergangenem Jahr ist der ERC Teil des europäischen Forschungsprogramms „Horizon 2020“. Seine Aufgaben wurden mit den Synergy Grants um eine Förderung kleiner Gruppen von zwei bis vier Forschern erweitert. Bleibt zu hoffen, dass sich dies auch in der finanziellen Ausstattung widerspiegelt.

Kerstin Sonnabend

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