09.07.2024

Strom aus Abwärme eines Mikrochips

Neues Material ebnet den Weg für On-Chip Energy Harvesting.

Forschenden aus Deutschland, Italien und Großbritannien ist ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung eines Materials gelungen, das Energierückgewinnung auf dem Mikrochip in Zukunft möglich machen könnte. Bei ihrer Legierung aus Germanium und Zinn handelt es sich um ein thermo­elektrisches Material, das geeignet erscheint, die Abwärme von Computer­prozessoren in Elektri­zität umzuwandeln. Da alle Elemente aus der 4. Hauptgruppe des Periodensystems stammen, kann die neue Halbleiter­legierung leicht in den Prozess der Chipfertigung integriert werden. 

Abb.: Illustration eines thermoelektrischen Materials, das die Abwärme von...
Abb.: Illustration eines thermoelektrischen Materials, das die Abwärme von Computerprozessoren in Elektrizität umwandeln könnte.
Quelle: ACS Appl. Energy Mater. 2024, 7, 13 (CC-BY 4.0)

Der zunehmende Einsatz elek­tronischer Geräte in allen Lebens­bereichen treibt den Energie­verbrauch in die Höhe. Ein Großteil dieser Energie wird in Form von Wärme in die Umwelt abgegeben. In Europa gehen so jährlich etwa 1,2 Exajoule aus IT-Infra­strukturen und Rechenzentren sowie Geräten verloren. Dies entspricht in etwa dem Primärenergie­verbrauch von Österreich oder Rumänien. Diese Wärme unter achtzig Grad Celsius ist traditionell nur schwer nutzbar wegen der schlechten thermo­dynamischen Effizienz und technologischen Einschränkungen. Ideal wäre es daher, die Niedertemperatur­wärme wieder zurückzuführen. Doch es gibt nur sehr wenige Materialien, die in der Lage sind, die Wärme in elektrische Energie umzuwandeln, und keines davon ist mit der aktuellen Technologie in Halbleiter­fertigungsanlagen kompatibel. 

Eine Kooperation zwischen dem Forschungs­zentrum Jülich und dem IHP – Leibniz-Institut für innovative Mikro­elektronik in Deutschland, zusammen mit der Universität Pisa, der Universität Bologna in Italien und der Universität Leeds in Großbritannien, hat nun jedoch einen wichtigen Schritt bei der Entwicklung eines solchen Materials erreicht, das für die Energie­gewinnung auf Chips geeignet und mit dem CMOS-Prozess der Chipfertigung kompatibel ist. „Das Hinzufügen von Zinn zu Germanium reduziert die thermische Leitfähigkeit erheblich, während die elektrischen Eigenschaften beibehalten werden – eine ideale Kombination für thermo­elektrische Anwendungen“, sagt Dan Buca vom Forschungszentrum Jülich. 

Die – experimentell bestätigte – niedrige thermische Leitfähigkeit des Kristall­gitters unterstreicht das große Potenzial der GeSn-Legierungen als thermo­elektrisches Material. Die Idee dahinter: Indem man es in siliziumbasierte Mikrochips integriert, wird es möglich, die im Betrieb erzeugte Abwärme zu nutzen und in elektrische Energie rückzuwandeln. Dieses „Energy Harvesting“ auf dem Chip könnte den Bedarf an externer Kühlung und Strom erheblich reduzieren und so die Effizienz elektronischer Geräte steigern. Elemente der Gruppe IV im Perioden­system bilden die Grundlage eines jeden elek­tronischen Geräts. Indem man sie zu Legierungen kombiniert, erweitern sich die Anwendungs­bereiche auf Thermoelektrik, Photonik und Spintronik. Langfristig rückt damit die Integration von Photonik, Elektronik und Thermo­elektrik auf demselben Chip mit silizium­basierter Technologie in Reichweite. Dies würde nicht nur die Leistung der Geräte verbessern, sondern auch die Entwicklung nach­haltigerer Technologien unterstützen. 

Wir haben einen der kritischsten Parameter für ein thermoelektrisches Material, die thermische Leitfähigkeit, bewertet, indem wir eine Reihe verschiedener experi­menteller Techniken an Proben mit unterschiedlichen Legierungs­zusammensetzungen und Dicken angewendet haben“, sagt Giovanni Capellini, Projektleiter am IHP. „Unsere gemeinsame Forschung kann erhebliche Auswirkungen auf den Bereich der Green IT-Infra­strukturen haben.“ Die Forschungsgruppen am Forschungs­zentrum Jülich und am IHP setzen ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort, um das Material weiterzuentwickeln. Ziel ist es, die Zusammensetzung der Legierung auf Silizium-Germanium-Zinn, SiGeSn, sowie die ultimative Gruppe-IV-Legierung unter Hinzunahme von Kohlenstoff, CSiGeSn, zu erweitern und damit ein funktionales thermoelektrisches Gerät herzustellen, mit dem sich das Potenzial der Energie­gewinnung durch Gruppe-IV-Legierungen demonstrieren lässt. 

FZJ / JOL

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