17.08.2018

Stromlinien in Echtzeit

Maschinelles Lernen sagt Strömungsfelder in Sekundenbruchteilen vorher.

Wollen Ingenieure oder Designer die aero­dynamischen Eigen­schaften eines neu gestalteten Autos, eines Flug­zeugs oder anderer Objekte testen, lassen sie den Computer normaler­weise ein komplexes System von Gleichungen lösen, um den Luftstrom um das Objekt zu model­lieren – ein Verfahren, das Stunden oder gar einen Tag in Anspruch nimmt. Nobuyuki Umetani von Autodesk Research und Bernd Bickel vom Institute of Science and Tech­nology Austria haben diesen Prozess deutlich beschleunigt, sodass Strom­linien und Druckfeld nun in Echtzeit verfügbar sind. Ihre Methode basiert auf maschi­nellem Lernen zur Model­lierung der Strömung um konti­nuierlich edi­tierbare 3D-Objekte.

Abb.: Die neue Software zeigt innerhalb von Sekundenbruchteilen die Stromlinien und den Druck an den Oberflächen von interaktiv deformierbaren Objekten. (Bild: N. Umetani)

Maschi­nelles Lernen kann extrem zeit­aufwendige Berechnungen deutlich beschleu­nigen. Bisher dauerte die Berechnung der aero­dynamischen Eigen­schaften von Autos einen kompletten Tag. „Durch maschi­nelles Lernen können wir das Strömungs­feld in Sekunden­bruchteilen vorhersagen“, erklärt Nobuyuki Umetani. Die Idee, maschi­nelles Lernen zu nutzen, entstand in einer Diskussion zwischen den beiden Wissen­schaftlern, die seit Jahren zusammen­arbeiten. „Wir beide teilen die Vision, Simu­lationen schneller zu machen“, erklärt Bernd Bickel. „Wir wollen, dass Menschen interaktiv Objekte entwerfen können, daher arbeiten wir zusammen, um daten­getriebene Methoden zu entwickeln.“

Wegen der strengen Anfor­derungen des maschi­nellen Lernens war es bisher extrem schwierig, die Methode auf die Model­lierung von Strömungs­feldern anzuwenden. Für maschi­nelles Lernen müssen sowohl die Eingabe- als auch die Ausgabe­daten struk­turiert sein. Dies funk­tioniert gut für zwei­dimensionale Bilder, die durch eine regel­mäßige Anordnung von Pixeln leicht dargestellt werden können. Wird jedoch ein 3D-Objekt durch kleine Einheiten dar­gestellt wird, wie zum Beispiel durch ein Netz aus Dreiecken, kann sich die Anordnung dieser Einheiten ändern, wenn sich eine Form ändert. Zwei sehr ähnliche Objekte könnten daher für einen Computer sehr unter­schiedlich aussehen, wenn sie durch ein anderes Netz reprä­sentiert werden. Die Maschine wäre dann nicht in der Lage, gewonnene Infor­mation über die eine Form auf die andere zu über­tragen.

Die Lösung kam durch Nobuyuki Umetanis Idee, Polycubes zu verwenden, um die Formen für maschi­nelles Lernen hand­habbar zu machen. Dieser Ansatz – ursprüng­lich entwickelt um Objekte in Computeranimationen mit Texturen zu versehen – verwendet strenge Regeln bei der Darstellung von Objekten. Ein Modell wird erst durch eine kleine Anzahl großer Würfel darge­stellt. Diese werden dann verfeinert und nach einem genau defi­nierten Verfahren in kleinere unterteilt. Auf diese Weise dargestellt, haben Objekte mit ähnlichen Formen auch ähnliche Daten­strukturen, die von maschi­nellen Lern­methoden ausge­wertet und verglichen werden kann.

Die Forscher konnten in ihrer Studie auch zeigen, dass ihre Methode eine beein­druckende Genauig­keit erreicht, was beim Design neuer Autos eine wichtige Voraus­setzung ist. Umetani erklärt: „Wenn Simu­lationen auf klassische Weise durch­geführt werden, werden die Ergebnisse für jede getestete Form nach der Berechnung schließlich ver­worfen. Dies bedeutet, dass jede neue Berechnung von Grund auf neu gestartet wird. Beim maschi­nellen Lernen nutzen wir die Daten früherer Berech­nungen. So steigt die Genauig­keit, wenn wir die Berechnung wieder­holen.“

IST Austria / JOL

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