05.02.2016

Stromsparende Minicomputer für das Internet der Dinge

Einzelelektronen-Transistoren als stromsparende Alter­native zu den üblichen Feld­effekt-Tran­sis­toren.

Das Internet der Dinge wächst rapide: Ob Handy, Wasch­maschine oder die Milch­tüte im Kühl­schrank – hiermit verbundene Mini­computer sollen Informa­tionen verar­beiten und Daten empfangen oder senden können. Dazu wird Strom benötigt. Viel weniger Energie als die in Computern gebräuch­lichen Feld­effekt-Transis­toren verbrauchen Transis­toren, die Informa­tionen mit nur einem einzigen Elektron schalten können. Diese neu­artigen elektro­nischen Schalter funktio­nieren bislang jedoch noch nicht bei Raum­temperatur. Zudem sind sie nicht pass­fähig zu den gängigen Her­stellungs­prozessen in der Mikro­elek­tronik. Das wollen Wissen­schaftler im Rahmen des EU-For­schungs­­pro­jekts „Ions4Set“ ändern. Am 1. Februar ging das auf vier Jahre ange­legte Projekt mit Partnern aus fünf europä­ischen Ländern an den Start. Es wird vom Helm­holtz-Zentrum Dresden-Rossen­dorf koordiniert.

Abb.: Schematischer Aufbau eines neu­ar­ti­gen Einzel­elek­tronen-Tran­sis­tors nach dem "gate-all-around"-Prin­zip: In einer Nano­säule um­schließt eine iso­lie­rende Schicht den zentralen Quanten­punkt. (Bild: HZDR)

„Milliarden kleiner Computer werden in Zukunft über das Inter­net oder auch lokal mitein­ander kommuni­zieren. Ein großer Hemm­schuh ist der­zeit aber noch der hohe Strom­ver­brauch“, so Projekt­koordinator Johannes von Borany. „Prinzipiell gibt es hier zwei Wege: Entweder man verbessert die Batterien oder man entwickelt Computer­chips, die deutlich weniger Energie benötigen.“ So ist seit Jahren bekannt, dass Einze­lelektronen-Transis­toren eine strom­sparende Alter­native zu den üblichen Feld­effekt-Transis­toren dar­stellen. Aller­dings funktio­nieren diese derzeit nur bei tiefen Tempera­turen und sind zudem auch nicht mit der CMOS-Techno­logie kompa­tibel. Die Computer­chips, die all unsere Lap­tops und Smart­phones steuern, basieren auf dieser von allen großen Mikro­elek­tronik-Firmen genutzten Techno­logie.

Ein Einzelelektronen-Transistor schaltet Strom durch ein einziges Elektron. Zentraler Bestand­teil des neu­artigen SET ist ein Quanten­punkt, bestehend aus einigen hundert Silizium-Atomen, der in einer isolie­renden Schicht einge­bettet ist. Diese wiederum befindet sich zwischen zwei leit­fähigen Schichten. Damit ein SET bei Raum­temperatur funktio­niert, muss der Quanten­punkt kleiner als fünf Nano­meter sein. Und eine zweite Anfor­derung muss erfüllt sein, sonst können die Elek­tronen den Transistor nicht passieren: Der Abstand vom Quanten­punkt zu den leit­fähigen Schichten darf nicht mehr als zwei bis drei Nano­meter betragen. Solche Anfor­derungen konnte die Nano-Elek­tronik bisher nicht umsetzen.

„Unser Transistor hat die Form einer Nano-Säule. Außerdem haben wir einen Mecha­nismus entdeckt, der dafür sorgt, dass sich die erfor­der­lichen Quanten­punkte quasi wie von selbst bilden“, sagt Karl-Heinz Heinig, Initiator des EU-Projekts. „Wir stellen rund zwanzig Nano­meter schlanke Säulen aus Silizium her, in die eine sechs Nano­meter dünne Scheibe aus dem Isolator Silizium­dioxid einge­bettet ist. Durch den Beschuss der Nano-Säule mit schnellen geladenen Teilchen werden Silizium-Atome in den Isolator hinein­gestoßen. Erhitzt man die Strukturen an­schließend stark, finden sich die Atome in der Mitte der isolie­renden Scheibe zu einem einzelnen Silizium-Quanten­punkt zusammen.“ Um milliarden­fach wieder­hol­bar und zuver­lässig SET-Bau­teile aus Nano-Säulen her­stellen zu können, haben sich im Projekt führende europä­ische Forschungs­ein­richtungen sowie die großen Unter­nehmen der Halb­leiter­branche zusammen­getan.

Während CEA-Leti, ein französisches Forschungs­institut für Mikro­elektronik, mit der not­wendigen Präzi­sion die Nano-Säulen herstellt, soll das spanische Mikroelektronik-Zentrum in Barcelona den Demonstrator bauen, der den Abschluss des vierjährigen EU-Projekts bildet. Aller­dings ist die Aufgabe, die sich die Forscher gestellt haben, eigent­lich noch viel kompli­zierter. Der Demon­strator darf nicht ledig­lich aus Einzel­elek­tronen-Transis­toren bestehen, die bei Raum­temperatur die logischen Opera­tionen aus­führen. Daneben sind noch klassische Feld­effekt-Transis­toren erfor­derlich, eben­falls in Form von Nano-Säulen. Der Grund: Die strom­sparenden Einzel­elektronen-Transis­toren ver­fügen über zu wenig Energie, um mit der Welt außer­halb des eigenen Chips zu inter­agieren. Deshalb muss der Chip neben vielen SET-Säulen einige FET-Säulen ent­halten, damit diese die Ergeb­nisse der SET-Opera­tionen an andere Chips oder Geräte weiter­geben können

„Wir sind überzeugt, dass wir das neue Projekt zum Erfolg führen werden“, ist Heinig sicher. „Einer­seits bauen wir auf Erkennt­nissen aus einem vorigen EU-Projekt mit Computer­chip-Produ­zenten auf, anderer­seits konnten wir die führenden Forschungs­ein­richtungen auf diesem Gebiet als Partner gewinnen.“ Und nicht zuletzt kommen die Stärken des Ionenstrahl­zentrums am HZDR zum Tragen, wenn es um die zentralen Prozess­schritte für die Her­stellung von Einzel­elek­tronen-Transis­toren geht: eine lang­jährige Erfahrung in der Material­forschung, eine breite Palette von Ionen­beschleunigern sowie modernste physika­lische Verfahren der Analytik. „Unsere Her­stellungs­technik kann nach erfolg­reichem Abschluss des Projekts von der Mikro­elektronik-Industrie sehr einfach über­nommen werden, da die Lösung die volle Kompa­ti­bilität mit der CMOS-Techno­logie gewähr­leistet“, betont Heinig.

HZDR / RK

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Anbieter des Monats

Quantum Design GmbH

Quantum Design GmbH

Forschung lebt von Präzision. Seit über 40 Jahren steht Quantum Design für innovative Messtechnik auf höchstem Niveau – entwickelt in Kalifornien, betreut weltweit. Unsere Systeme sind der Goldstandard in der Materialcharakterisierung und ermöglichen tiefe Einblicke in die magnetischen, thermischen und optischen Eigenschaften von neuen Materialien.

Meist gelesen

Themen