14.01.2020 • Astrophysik

Supernovae: Explosion oder Kollaps?

Experiment über Beta-Zerfall wirft neues Licht auf das Schicksal von Sternen mittlerer Masse.

Einem internationalen Forscherteam ist es gelungen, experi­mentell die Bedingungen von Kern­prozessen in Materie, die zehn Millionen mal dichter und 25-mal heißer ist als im Mittel­punkt der Sonne, zu bestimmen. Ein Resultat der Messungen ist, dass Sterne mittlerer Masse mit hoher Wahr­schein­lich­keit explodieren und nicht kollabieren, wie bisher angenommen. Die Ergebnisse verdeut­lichen außerdem die Möglich­keiten, die zukünftige Beschleuniger­anlagen wie FAIR bieten, um die Prozesse besser zu verstehen, die der Entwick­lung des Universums zugrunde liegen.

Abb.: Der Überrest der Supernova von 1604 (Bild: NASA / DSS)
Abb.: Der Überrest der Supernova von 1604 (Bild: NASA / DSS)

Abhängig von ihrer Masse entwickeln sich Sterne im Laufe ihres Daseins sehr unter­schied­lich. Sterne geringer Masse, wie etwa unsere Sonne, werden am Ende zu weißen Zwergen. Masse­reiche Sterne anderer­seits enden als Supernova und lassen entweder einen Neutronen­stern oder ein schwarzes Loch zurück. Das Schicksal der masse­armen und masse­reichen Sterne ist gut verstanden, aber die Situation bei Sternen mittlerer Masse, die zwischen sieben und elf Sonnen­massen aufweisen, war bisher unklar. Das ist über­raschend, da sie in unserer Galaxie weit verbreitet sind.

„Das Schicksal der Sterne mittlerer Masse hängt von einem winzigen Detail ab, nämlich wie leicht das Isotop Neon-20 im Inneren des Sterns sich Elektronen einfangen kann. Je nach Elektronen­einfangs­rate wird der Stern entweder in einer thermo­nuklearen Explosion zerstört oder er kollabiert und bildet einen Neutronen­stern“, erklärt Gabriel Martínez-Pinedo vom GSI-Helmholtz­zentrum für Schwer­ionen­forschung und der TU Darmstadt. Karlheinz Langanke vom GSI ergänzt: „Die Arbeiten begannen, als wir erkannten, dass ein stark unter­drückter, bisher ignorierter und experi­mentell unbe­kannter Über­gang zwischen den Grund­zuständen von Neon-20 und Fluor-20 ein essen­tielles Puzzle­stück zur Bestimmung der Elektronen­einfangs­rate in Sternen mittlerer Masse ist.“

Durch eine Kombination präziser Messungen des Beta-Zerfalls von Fluor-20 mit theore­tischen Berechnungen gelang der inter­natio­nalen Kollabo­ration jetzt die Bestimmung dieser wichtigen Rate. Das Experiment fand unter sehr viel fried­volleren Bedingungen statt als im Inneren von Sternen, nämlich am Beschleuniger­labor der Universität Jyväskylä in Finnland. Gemessen wurde ein über­raschend starker Übergang zwischen den Grund­zuständen von Neon-20 und Fluor-20, was zu einem Elektronen­einfang in Neon-20 bei einer sehr viel geringeren Dichte führt als bisher angenommen. Für den Stern bedeutet dies, entgegen bisheriger Annahmen, dass er sehr viel wahr­schein­licher von einer thermo­nuklearen Explosion zerstört wird, als zu einem Neutronen­stern zu kolla­bieren.

Da thermonukleare Explosionen deutlich mehr Material ausstoßen als die von einem Gravitations­kollaps ausge­lösten, haben die Ergeb­nisse Aus­wirkungen auf die chemische Entwicklung der Galaxis. Das ausge­stoßene Material ist reich an Titan-50, Chrom-54 und Eisen-60. Daher könnten unge­wöhn­liche Titan- und Chrom-Isotopen­verhält­nisse, die man in einigen Meteoriten gefunden hat, sowie die Entdeckung von Eisen-60 in Tiefsee­sedimenten von Sternen mittlerer Masse produziert worden sein und somit bezeugen, dass diese in unserer galak­tischen Nachbar­schaft in der fernen (Milliarden Jahre) und nicht so fernen (Millionen Jahre) Vergangen­heit explodiert sind.

Im Licht dieser neuen Funde scheint das wahr­schein­lichste Schicksal eines Sterns mittlerer Masse eine thermo­nukleare Explosion zu sein, die eine weniger leucht­starke Supernova vom Typ Ia und eine spezielle Art des weißen Zwergs, genannt weißer Sauerstoff-Neon-Eisen-Zwerg, erzeugt. Die (Nicht-)Entdeckung eines solchen weißen Zwergs in der Zukunft würde wichtige Einblicke in den Explosions­mecha­nismus ermöglichen. Eine weitere offene Frage ist die Rolle der Konvektion, also der Bewegung großer Material­mengen im Inneren des Sterns, in der Explosion.

GSI / RK

Weitere Infos

 

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen