Supraleitung trifft Spintronik
Kopplung zwischen zwei durch eine dünne ferromagnetisches Schicht getrennte Supraleiter nachgewiesen.
Wenn supraleitende Bereiche durch einen Streifen nicht supraleitenden Materials getrennt sind, kann ein besonderer Quanteneffekt auftreten, der beide Bereiche koppelt: Der Josephson-Effekt. Handelt es sich bei dem Material um einen halbmetallischen Ferromagneten, ergeben sich neuartige Implikationen für spintronische Anwendungen. Ein internationales Team hat jetzt erstmals ein Materialsystem entworfen, das einen ungewöhnlich weitreichenden Josephson-Effekt aufweist: Hier sind Bereiche aus dem supraleitenden Cuprat YBa2Cu3O7 durch einen Bereich aus halbmetallischem, ferromagnetischem Manganit La0.7Sr0.3MnO3 von einem Mikrometer Breite getrennt.
Mit Hilfe von Magneto-Transportmessungen konnten die Forscher nachweisen, dass ein supraleitender Strom durch das Manganit zirkuliert - hervorgerufen durch die Kopplung zwischen den beiden supraleitenden Bereichen als Manifestation eines Josephson-Effekts mit makroskopisch großer Reichweite. Darüber hinaus erforschten sie eine weitere interessante Eigenschaft mit tiefgreifenden Konsequenzen für spintronische Anwendungen.
In Supraleitern bilden Elektronen Cooper-Paare. In der überwiegenden Mehrheit der supraleitenden Materialien bestehen diese Paare aus Elektronen mit entgegengesetztem Spin, um das magnetische Austauschfeld zu minimieren, das die Supraleitung schwächt. Im hier verwendeten ferromagnetischen Material kann jedoch nur ein Elektron mit einem Spin zirkulieren. Die Tatsache, dass in diesem Material ein Suprastrom nachgewiesen wurde, bedeutet, dass die Cooper-Paare dieses Suprastroms aus Elektronen mit dem gleichen Spin bestehen müssen. Diese Triplett-Supraleitung ist extrem selten.
„An der XMCD-PEEM-Station bei BESSY II haben wir die magnetischen Domänen innerhalb des Manganit-Streifens kartiert und gemessen. Wir haben weite Bereiche beobachtet, die homogen magnetisiert sind und die supraleitenden Bereiche miteinander verbinden. In diesen können sich Triplett-Spinpaare frei ausbreiten“, erklärt Sergio Valencia Molina vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie, der die Messungen betreut hat.
Supraleitende Ströme fließen ohne Widerstand, was sie für Anwendungen mit geringem Stromverbrauch sehr interessant macht. Im vorliegenden Fall besteht dieser Strom aus Elektronen mit gleichen Spins. Solche spinpolarisierten Ströme könnten in neuartigen supraleitenden spintronischen Anwendungen für den Transport über große Entfernungen und das Lesen/Schreiben von Informationen verwendet werden. Die makroskopische Quantenkohärenz des Josephson-Effekts sorgt dabei für Stabilität.
Ein neues Bauelement, das aus supraleitenden und ferromagnetischen Komponenten besteht, würde daher Möglichkeiten für die supraleitende Spintronik eröffnen und neue Perspektiven für das Quantencomputing aufzeigen.
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
D. Sanchez-Manzano et al.: Extremely long range, high-temperature Josephson coupling across a half metallic ferromagnet, Nat. Mater., online 2. Dezember 2021; DOI: 10.1038/s41563-021-01162-5 - Elektronenspeicherring BESSY II, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH