15.12.2017

Symbiose von Theorie und Experiment

Alessandra Buonanno, Claus Ropers und Oliver G. Schmidt sind unter den DFG-Leibniz-Preisträgern 2018.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft zeichnet 2018 vier Wissen­schaft­lerinnen und sieben Wissenschaftler mit den begehrten Leibniz-Preisen aus. Darunter sind auch Alessandra Buonanno vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam, der Göttinger Festkörperphysiker Claus Ropers und Oliver G. Schmidt vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden und der TU Chemnitz. Beide Physiker sind auch DPG-Mitglieder. Die zehn Preise sind jeweils mit 2,5 Millionen Euro dotiert. Die Preisträger können das Geld bis zu sieben Jahre lang nach ihren eigenen Vorstellungen und ohne bürokratischen Aufwand für ihre Forschungsarbeit verwenden. Seit 1986 verleiht die DFG einmal im Jahr bis zu zehn Gottfried Wilhelm Leibniz-Preise. Dass es 2018 elf Preisträgerinnen und Preisträger gibt, liegt daran, dass sich Veit Hornung (LMU München) und Eike Latz (Uni-Klinikum Bonn) einen Preis für Immunologie teilen.

Prof. Dr. Alessandra Buonanno (49) vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam erhält den Leibniz-Preis 2018 für ihre Leistungen im Bereich der Gravitationsphysik, insbesondere für ihre Arbeiten zur Physik der Gravitationswellen. Mit dem direkten Nachweis von Gravitationswellen, die bei der Kollision zweier schwarzer Löcher entstanden waren, gelang 2015 ein spektakulärer Nachweis der Gültigkeit der Allgemeinen Relativitätstheorie. Ein wesentlicher Baustein für diesen Erfolg waren die von Buonanno entwickelten theoretischen Modelle, die es erlauben, die Signale der Gravitationswellen zu identifizieren und zu interpretieren. Bereits als Postdoktorandin entwickelte sie zusammen mit Thibault Damour den sogenannten EOB-(Effective One-Body-)Formalismus, eine extrem effiziente Methode, um die Bewegung binärer Systeme und ihre Emission von Gravitationswellen zu beschreiben. Buonanno entwickelte diesen Ansatz weiter, um auch das Verschmelzen von Neutronensternen erfassen zu können. Diese hoch verdichteten, massereichen Sterne deformieren vor dem Verschmelzen, was Rückschlüsse auf ihre innere Struktur ermöglicht.

Alessandra Buonanno studierte Physik in Pisa und wurde dort 1996 promoviert. Danach forschte sie am CERN, an mehreren ausgewiesenen Institutionen in Paris sowie am California Institute of Technology. 2005 wurde sie als Associate Professor an die University of Maryland berufen, wo sie seit 2010 einen Lehrstuhl innehat. Seit 2014 ist sie Direktorin am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Potsdam und seit 2017 Honorarprofessorin an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Universität Potsdam. Buonanno erhielt für ihre Arbeiten zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2016 den Niedersächsischen Staatspreis, gemeinsam mit Bruce Allen und Karsten Danzmann.

Prof. Dr. Claus Ropers (40) ist experimenteller Festkörperphysiker am Physikalischen Institut der Georg-August-Universität Göttingen. Mit ihm wird ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Elektronenmikroskopie mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet, der das neue Forschungsfeld der Quantenoptik von Elektronen mit geprägt hat. Zu seinen jüngsten Erfolgen gehört, dass er 2015 die Möglichkeit der Manipulation des Quantenzustands eines freien Elektronenstrahls in einem Transmissionselektronenmikroskop nachweisen konnte. Zuvor leistete er mit seinen Arbeiten zur Kontrolle der Fotoemission aus extrem dünnen Metallspitzen mittels Terahertz- und optischen Feldern einen wesentlichen Beitrag zur zukünftigen Entwicklung ultraschneller Rastersondenmikroskope. Auch seine Forschung zur Erzeugung energiereicher ultravioletter Strahlung an plasmonischen Nanostrukturen fand weltweit Beachtung. Dabei gelang es Ropers stets, komplexe theoretische Konzepte experimentell zu realisieren. So konnte er eine Vielzahl von innovativen Forschungsansätzen initiieren und in neue Dimensionen der zeitaufgelösten Elektronenmikroskopie vorstoßen.

Claus Ropers studierte Physik in Göttingen und Berkeley und wurde nach Arbeiten am Max-Born-Institut Berlin an der Humboldt-Universität promoviert. Im Anschluss kehrte er nach Göttingen zurück, zunächst als Juniorprofessor und Leiter einer Arbeitsgruppe. Seit 2011 ist er in Göttingen Professor für experimentelle Festkörperphysik. Unter anderem wurde er mit dem Walter-Schottky-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft ausgezeichnet.

Der Leibniz-Preis für Prof. Dr. Oliver G. Schmidt (46) vom Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden und der TU Chemnitz würdigt seine herausragenden Arbeiten zur Erforschung, Herstellung und innovativen Anwendung funktioneller Nanostrukturen. Der studierte Physiker ist ein Pionier auf dem Gebiet der aufgerollten Nanoröhrchen und bewegt sich mit seiner Arbeit zwischen den Fachgebieten Physik, Chemie, Werkstoffwissenschaften, Elektronik und Mikrosystemtechnik. Er arbeitet daran, selbstorganisierte, dreidimensionale Nanostrukturen auf einem Chip zu integrieren. Hierfür hat Schmidt eine Technik entwickelt, um nanometerdünne Schichten so zu spannen, dass eine vielseitige Strukturierung der Materialien nun auch im dreidimensionalen Raum möglich ist. Die grundlagenwissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Forschungsarbeiten hat Schmidt selbst in zahlreiche neue Anwendungen in der Photonik, Sensorik, Medizin und in der Umweltverfahrenstechnik überführt oder aber den Weg dafür aufgezeigt. Dazu zählt die Herstellung von Mikromotoren, Ringresonatoren, optofluidischen Sensoren und von Kondensatoren.

 

Oliver G. Schmidt wurde 1999 an der TU Berlin promoviert und arbeitete anschließend als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Nach einem Forschungsaufenthalt an der University of Southern California kehrte er als Forschungsgruppenleiter nach Stuttgart zurück, um sich dann an der Universität Hamburg zu habilitieren. 2007 wurde er als Professor für Materialsysteme der Nanoelektronik an die TU Chemnitz berufen und gleichzeitig Direktor des Instituts für Integrative Nanowissenschaften am Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden.

In Bezug zur Physik stehen auch die Arbeiten, für die Prof. Dr. Bernhard Schölkopf (49) vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen ausgezeichnet wird. Er erhält den Leibniz-Preis für seine entscheidenden Beiträge zur Theorie und zum Erfolg des „Maschinellen Lernens“. Anwendung in der Physik findet die Forschung von Prof. Dr. László Székelyhidi (40) von der Universität Leipzig. Die DFG ehrt den Mathematiker für seine bedeutenden Forschungsergebnisse in der Theorie partieller Differentialgleichungen, die beispielsweise für das Verständnis der Euler-Gleichungen der Hydrodynamik und das der Elastizitätstheorie der Kontinuumsmechanik bedeutend sind.

Die Verleihung der Leibniz-Preise findet am 19. März 2018 in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften statt.

DFG / Kerstin Sonnabend

 

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