Tarnkappe für Skyrmionen
Magnetische Nanostrukturen gewinnen durch Drehimpuls-Abschirmung an Geschwindigkeit.
Das magnetische Streufeld dient unter anderem dazu, magnetisch gespeicherte Information von einer Festplatte zu lesen. In heutigen Festplatten ist ein einzelnes magnetisches Bit nur etwa 15 auf 45 Nanometer groß. In neuartigen Konzepten magnetischer Datenspeicherung möchte man solche magnetischen Bits gerne durch Strompulse in einem Speicherchip hin- und herschicken, um sie an geeignetem Ort dicht gepackt zum Speichern abzulegen und später wieder auszulesen. Hier erweist sich nun das magnetische Streufeld als Fluch: Es verhindert, dass die magnetischen Strukturen noch kleiner gemacht und damit Informationen dichter gepackt werden können. Andererseits wird das dem Streufeld zugrunde liegende magnetische Moment gebraucht, um die Strukturen überhaupt bewegen zu können.
Abb.: Ein ferromagnetisches (FM) oder antiferromagnetisches (AFM) Skyrmion besteht aus einer besonderen Anordnung der magnetischen Momente benachbarter Atome. (Bild: L. Caretta, M. Huang, MIT)
Forschern am Max-
Dennoch war es den Forschen möglich, die kleinen Strukturen abzubilden. Sie bedienten sich dabei der Methode der Röntgenholographie, die es erlaubt, gezielt nur die magnetischen Momente einer einzigen Atomsorte sichtbar zu machen – so ließen sich die Strukturen ohne ihre Tarnkappe abbilden.
Dabei zeigte sich, dass durch geschicktes Einstellen der Stärke der Tarnkappe zwei Dinge erreicht werden können, die für mögliche Anwendungen als Datenspeicher wichtig sind. „In unseren Bildern können wir sehr kleine, runde magnetische Strukturen erkennen“, erklärt Bastian Pfau vom MBI. „Die kleinsten Durchmesser, die wir gefunden haben, betragen nur zehn Nanometer.“
Könnten diese Strukturen zur Datenspeicherung genutzt werden, ließe sich daher die Speicherdichte gegenüber heutigen Festplatten noch einmal deutlich erhöhen. In weiteren Messungen am MIT fanden die Forscher zudem heraus, dass sich getarnte Nanomagnete durch Strompulse besonders schnell bewegen lassen – eine wichtige Eigenschaft für eine mögliche Anwendung. So wurden Geschwindigkeiten von über einem Kilometer pro Sekunde erreicht.
„Dass dies möglich ist, ist eine Konsequenz der Quantenphysik“, erklärt Stefan Eisebitt vom MBI. „Der Beitrag der Drehbewegung eines Elektrons um den Atomkern zum magnetischen Moment ist nur halb so groß wie der Beitrag, den die Drehung des Elektrons um sich selbst liefert.“ Kombiniert man verschiedene Atomsorten mit unterschiedlichem Drehsinn der Elektronen in einem Festkörper, so kann man den Gesamtdrehimpuls des Systems auslöschen und dennoch ein kleines magnetisches Moment beibehalten.
Da der Drehimpuls zu einer Abbremsung der Bewegung der magnetischen Strukturen durch Strompulse führt, lassen sich mit diesem Ansatz hohe Geschwindigkeiten erzielen. Gelingt es also, die Tarnkappe genau zu justieren, dann können die entstehenden magnetischen Nanostrukturen sowohl sehr klein sein als auch schnell bewegt werden – eine interessante Aussicht für neuartige Speichertechnologien auf der Basis magnetischer Nanostrukturen.
FVB / DE