22.10.2018

Tarnkappe für Skyrmionen

Magnetische Nanostrukturen gewinnen durch Drehimpuls-Abschirmung an Geschwindigkeit.

Das magnetische Streufeld dient unter anderem dazu, magnetisch gespeicherte Information von einer Fest­platte zu lesen. In heutigen Fest­platten ist ein einzelnes magnetisches Bit nur etwa 15 auf 45 Nano­meter groß. In neu­artigen Konzepten magnetischer Daten­speicherung möchte man solche magnetischen Bits gerne durch Strom­pulse in einem Speicher­chip hin- und her­schicken, um sie an geeignetem Ort dicht gepackt zum Speichern ab­zulegen und später wieder aus­zu­lesen. Hier erweist sich nun das magnetische Streu­feld als Fluch: Es verhindert, dass die magnetischen Strukturen noch kleiner gemacht und damit Informationen dichter gepackt werden können. Anderer­seits wird das dem Streu­feld zugrunde liegende magnetische Moment gebraucht, um die Strukturen überhaupt bewegen zu können.

Abb.: Ein ferro­magnetisches (FM) oder antiferro­magnetisches (AFM) Skyrmion besteht aus einer besonderen Anordnung der magnetischen Momente benach­barter Atome. (Bild: L. Caretta, M. Huang, MIT)

Forschern am Max-Born-Institut (MBI), am MIT und am DESY ist es nun gelungen, kleinen magnetischen Nano­strukturen eine „Tarn­kappe“ aufzusetzen und zu beobachten, wie klein und schnell solche getarnten Bits sein können. Dazu wurden Atom­sorten mit entgegen­gesetztem Dreh­sinn der Elektronen und damit entgegen­gesetztem magnetischem Moment kombiniert. Auf diese Weise lässt sich das magnetische Streu­feld reduzieren oder sogar völlig abschalten – die einzelnen Atome in der Nano­struktur haben dabei aber immer noch ein magnetisches Moment, sie tragen quasi nur eine Tarn­kappe.

Dennoch war es den Forschen möglich, die kleinen Strukturen abzubilden. Sie bedienten sich dabei der Methode der Röntgen­holographie, die es erlaubt, gezielt nur die magnetischen Momente einer einzigen Atom­sorte sichtbar zu machen – so ließen sich die Strukturen ohne ihre Tarnkappe abbilden.

Dabei zeigte sich, dass durch geschicktes Einstellen der Stärke der Tarn­kappe zwei Dinge erreicht werden können, die für mögliche Anwendungen als Daten­speicher wichtig sind. „In unseren Bildern können wir sehr kleine, runde magnetische Strukturen erkennen“, erklärt Bastian Pfau vom MBI. „Die kleinsten Durch­messer, die wir gefunden haben, betragen nur zehn Nanometer.“

Könnten diese Strukturen zur Daten­speicherung genutzt werden, ließe sich daher die Speicher­dichte gegenüber heutigen Fest­platten noch einmal deutlich erhöhen. In weiteren Messungen am MIT fanden die Forscher zudem heraus, dass sich getarnte Nano­magnete durch Strom­pulse besonders schnell bewegen lassen – eine wichtige Eigen­schaft für eine mögliche Anwendung. So wurden Geschwindig­keiten von über einem Kilo­meter pro Sekunde erreicht.

„Dass dies möglich ist, ist eine Konsequenz der Quanten­physik“, erklärt Stefan Eisebitt vom MBI. „Der Beitrag der Dreh­bewegung eines Elektrons um den Atom­kern zum magnetischen Moment ist nur halb so groß wie der Beitrag, den die Drehung des Elektrons um sich selbst liefert.“ Kombiniert man verschiedene Atom­sorten mit unter­schiedlichem Dreh­sinn der Elektronen in einem Fest­körper, so kann man den Gesamt­drehimpuls des Systems auslöschen und dennoch ein kleines magnetisches Moment bei­behalten.

Da der Dreh­impuls zu einer Ab­bremsung der Bewegung der magnetischen Strukturen durch Strom­pulse führt, lassen sich mit diesem Ansatz hohe Geschwindig­keiten erzielen. Gelingt es also, die Tarn­kappe genau zu justieren, dann können die entstehenden magnetischen Nano­strukturen sowohl sehr klein sein als auch schnell bewegt werden – eine interessante Aussicht für neuartige Speicher­technologien auf der Basis magnetischer Nano­strukturen.

FVB / DE

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