08.05.2015

Tiefenwellen durchwirbeln die Ozeane

Gigantische Wellenbewegungen in tiefen Wasserschichten besitzen Einfluss auf Klimamodelle und Nahrungsverteilung.

Meterhohe Wellen schlagen ununterbrochen an die Küsten der Ozeane. Viel größere Amplituden erreichen die Wogen jedoch unter der Wasseroberfläche. Diese internen Wellen analysierte nun eine multinationale Forschergruppe in der Luzon-Straße zwischen den Philippinen und Taiwan. Dort breiten sich nach bisheriger Kenntnis die stärksten Wellen mit Höhen von bis zu 500 Metern aus. Die von dieser Wasserbewegung verursachten Turbulenzen haben einen großen Einfluss auf Klimaprozesse, die Navigation unter Wasser und den Nährstoff­transport in den Ozeanen.

Abb.: Numerische Simulation von internen Tiefenwellen, die hier Amplituden von bis zu 200 Metern erreichen. (Bild: M. H. Alford et al., Scripps Institution of Oceanography)

„In Klimaprognosen herrscht noch viel Unsicherheit über die Bedeutung dieser Turbulenzen“, sagt Erstautor Matthew H. Alford von der Scripps Institution of Oceanography an der University of California San Diego. Doch gemeinsam mit Kollegen von insgesamt 25 Instituten aus fünf Ländern gelang es Alford, mehr über Entstehung und Verhalten der Tiefenwellen zu erfahren. Dazu organisierten sie eine groß angelegte Messkampagne, bei der während des Sommers 2011 sowohl vor Ort mit Bojen und Strömungssensoren als auch mit Satellitenaufnahmen ein umfassender Datensatz über die Meeres­strömungen und Tiefenwellen in der Luzon-Straße gesammelt wurde. Für die Auswertung dieser Daten nutzten die Meeres­forscher verschiedene numerische Modelle.

Anders als an der Wasseroberfläche bewegen sich die Tiefenwellen mit horizontalen Wellenlängen von Dutzenden Kilometern Länge. Zugleich breiten sie sich relativ langsam mit teilweise weniger als einem Meter pro Sekunde aus, beschleunigen in flacheren Gewässern aber auf bis zu drei Metern pro Sekunde. Im Widerspruch zu bisherigen Modellen entstehen die Tiefenwellen nicht aus plötzlichen, großen hydraulischen Bewegungen, sondern eher langsam aus kleinen Impulsen (sinusoidale Störungen), die sich nach und nach zu einer großen Wellen­bewegung verstärken.

Abb.: Satellitenaufnahme der Luzon-Straße: Integrierte Radardaten zeigen die Wellenfronten auf der Wasseroberfläche, die ebenfalls von den Tiefenwellen beeinflusst werden. (Bild: M. H. Alford et al., Scripps Institution of Oceanography)

Ihre Energie schöpfen die Tiefenwellen aus den periodischen Gezeiten­strömungen. In Kombination mit vertikalen Strömungen, verursacht durch Dichte- und Temperaturgradienten der tiefen Wasserschichten, entwickelte sich in der Luzon-Straße ein charakteristisches Ausbreitungsmuster. Mit einem Energietransport von bis zu 40 Kilowatt pro Meter treiben die Tiefenwellen westwärts und erreichen dabei ihre mehrere hundert Meter hohen Amplituden. Erreichen sie südlich von Taiwan flachere Gewässer, brechen die Wellen unter Wasser und erzeugen raumgreifende Turbulenzen. Diese können mit einer Intensität von etwa 20 Watt pro Quadratmeter bis zu 10.000 mal stärker ausgeprägt sein als im offenen Ozean.

Diese Studie bestätigte, dass in der Luzon-Straße Tiefenwellen und folgende turbulente Strömungen so stark auftreten wie in keiner anderen Meeresregion weltweit. Das nun verfeinerte Verständnis des Entstehungsprozesses und der Ausbreitungsmuster kann Klimaforschern vor allem helfen, den Einfluss der Ozeane besser in regionalen Klimamodellen zu berücksichtigen.

Da die Turbulenzen südlich von Taiwan eine starke Durchmischung der Wasserschichten verursachen, könnten auch der Nährstoff­transport und die damit verknüpften Lebens­bedingungen für Fische und Korallenriffe genauer analysiert werden. Auch für andere Meeresengen böten vergleichbare Messkampagnen einen hohen wissenschaftlichen Wert. So ist es nicht ausgeschlossen, dass diese in den kommenden Jahren vorgenommen werden könnten.

Jan Oliver Löfken

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