25.06.2021

Trinkwasser aus feuchter Luft

Kondensator gewinnt ohne Energie während des ganzen Tages Wasser aus der Luft.

Süßwasser ist in vielen Welt­gegenden Mangelware und muss dort aufwendig gewonnen werden. In Meeresnähe kann dazu Meerwasser entsalzt werden, was sehr viel Energie benötigt. Weiter weg von Küsten bleibt praktisch nur noch die Kondensation von Luft­feuchtigkeit durch Kühlung, entweder ebenfalls mit einem hohen Energie­­aufwand oder als Passiv­technologie mithilfe der Tag-Nacht-Wärme­unterschiede. Mit den bisherigen Passivtechnologien wie beispielsweise Tau-sammelnden Folien, kann allerdings nur nachts Wasser gewonnen werden. Denn die Folien werden am Tag von der Sonne aufgeheizt, was eine Kondensation verun­möglicht. Forschende der ETH Zürich haben nun eine Techno­logie entwickelt, mit welcher sie erstmals ohne Energiezufuhr rund um die Uhr Wasser gewinnen können, selbst unter der glühenden Sonne.

Abb.: Dieser Konden­sator auf einem Gebäude der ETH Zürich gewinnt...
Abb.: Dieser Konden­sator auf einem Gebäude der ETH Zürich gewinnt Trink­wasser aus feuchter Luft. (Bild: I. Hächler, ETHZ)

Die neue Vorrichtung besteht im Wesent­lichen aus einer speziell beschichteten Glas­scheibe, welche einerseits Sonnen­strahlung reflektiert und andererseits die eigene Wärme abstrahlt. Sie kühlt sich dadurch selbst ab – auf bis zu 15 Grad Celsius unter die Umgebungs­temperatur. Auf der Unterseite dieser Scheibe kondensiert Wasserdampf aus der Luft zu Wasser. Der Vorgang ist derselbe, der im Winter an schlecht isolierenden Fenster­scheiben beobachtet werden kann. Die Wissenschaftler beschichteten die Glasscheibe mit einem Polymer sowie mit Silber. Diese besondere Beschichtung führt dazu, dass die Scheibe einen bestimmten Wellenlängen­bereich von Infrarot abstrahlt. Strahlung in diesem Bereich wird von der Atmosphäre nicht absorbiert und von den molekularen Bestand­teilen der Luft auch nicht auf die Scheibe zurück­reflektiert. Eine weitere wesentliche Komponente der Anlage ist ein neuent­wickelter kegel­förmiger Strahlungs­schutzschild. Dieser schirmt die Wärmestrahlung aus der Luft sowie die Sonnen­einstrahlung auf die Scheibe weitgehend ab, lässt gleichzeitig aber die erwähnte Wärme­abstrahlung und somit die Kühlung zu. 

Wie Tests der neuen Vorrichtung unter realen Bedingungen auf dem Dach eines Hochschul­gebäudes in Zürich zeigten, lässt sich mit der neuen Technologie pro Fläche und Tag doppelt so viel Wasser gewinnen wie mit den besten bisherigen Passiv­technologien, welche mit Folien arbeiten: Die kleine Pilotanlage mit einem Scheiben­durchmesser von zehn Zentimeter lieferte unter realen Bedingungen 4,6 Milliliter Wasser pro Tag. Größere Anlagen würden entsprechend ihrer größeren Fläche mehr Wasser liefern. Unter idealen Bedingungen lässt sich damit pro Quadrat­meter Scheibenfläche und Stunde bis zu 0,53 Deziliter Wasser gewinnen, wie die Wissenschaftler zeigen konnten. „Dies liegt nahe am theoretischen Maximalwert von 0,6 Deziliter pro Stunde, der sich aus physi­kalischen Gründen nicht überschreiten lässt“, sagt Iwan Hächler von der ETH Zürich.

Bei anderen Technologien muss das konden­sierte Wasser in der Regel von einer Oberfläche abgestreift werden, was Energie benötigt. Andernfalls würde ein bedeutender Teil des konden­sierten Wassers an der Oberfläche haften bleiben, könnte nicht genutzt werden und würde eine weitere Konden­sation behindern. Die Forschenden versahen die Scheibe ihres Wasser­kondensators auf der Unterseite mit einer super­hydrophoben Beschichtung. Dadurch perlt das kondensierte Wasser von selbst von der Oberfläche ab. „Wir kommen damit im Gegensatz zu anderen Technologien wirklich ohne jegliche zusätz­liche Energie aus, was ein ent­scheidender Vorteil ist“, so Hächler.

Es war das Ziel der Forschenden, eine Techno­logie für Länder mit Wasser­knappheit und insbesondere auch Entwicklungs- und Schwellen­länder zu entwickeln. Andere Wissenschaftler hätten nun auch die Möglichkeit, diese Technologie weiter­zuentwickeln oder sie mit anderen Methoden wie der Wasserentsalzung zu kombinieren, um deren Ertrag zu erhöhen. Die Herstellung der beschichteten Scheiben sei verhältnis­mäßig einfach. Denkbar sei die Herstellung von größeren Wasser­kondensatoren als die derzeitige Pilotanlage. Ähnlich wie auch bei Solar­zellen mehrere Module nebeneinander aufgebaut werden, könnten mehrere Wasser­kondensatoren nebeneinander platziert werden, um eine größere Anlage zu bilden.

ETHZ / JOL

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