24.11.2020

Tumoren im Fokus

Der Christoph-Schmelzer-Preis geht in diesem Jahr an zwei junge Wissenschaftlerinnen für ihre Beiträge zur Ionenstrahltherapie.

Der Christoph-Schmelzer-Preis geht in diesem Jahr an zwei junge Wissen­schaftlerinnen: Die Medizinphysikerin Alina Bendinger vom Deutschen Krebsforschungs­zentrum DKFZ Heidelberg und die Ingenieurin Giorgia Meschini aus dem Fachgebiet Biomedizin der staatlichen Poly­technischen Universität in Mailand erhalten den Preis als Würdigung für ihre Doktorarbeiten. Mit der Auszeichnung prämiert der Verein zur Förderung der Tumortherapie mit schweren Ionen jährlich heraus­ragende Master- und Promotions­arbeiten auf dem Gebiet der Tumor­therapie mit Ionenstrahlen. Die traditionelle Preisverleihung auf dem GSI-/FAIR-Campus in Darmstadt wurde wegen der aktuellen Einschränkungen auf das nächste Jahr verschoben.

Abb.: Die Medizinphysikerin Alina Bendinger (l.) und die Ingenieurin Giorgia...
Abb.: Die Medizinphysikerin Alina Bendinger (l.) und die Ingenieurin Giorgia Meschini erhalten dieses Jahr den Christoph-Schmelzer-Preis. (Bild: privat / G. Menè)

In ihrer Dissertation am DKFZ Heidelberg hat Alina Bendinger verschiedene Bildgebungs­verfahren etabliert, um den Status der Sauerstoff­versorgung in experimentellen Tumoren zu charak­terisieren und deren Reaktion auf Bestrahlung mit Kohlenstoff­ionen im Vergleich zu Photonen zu quanti­fizieren. Die Sauerstoff­versorgung von Tumoren ist von großer Bedeutung, da eine Sauerstoffunter­versorgung, wie sie oft in Tumoren vorherrscht, den Krebs gegen Strahlen­therapie resistent macht. Bendinger hat dabei entscheidende methodische Weiter­entwicklungen geleistet. So hat sie für die photoakustische Bildgebung die Auswertung von einem zweidimensionalen zu einem drei­dimensionalen Verfahren erweitert. Damit kann die Heterogenität der Sauerstoffversorgung in Tumoren wesentlich besser dargestellt werden. Darüber hinaus hat sie ein neues Verfahren zur Verbesserung der dynamischen, kontrastmittel­verstärkten Magnetresonanz­tomografie entwickelt und dieses mit umfangreichen Simulationen validiert. Die mit den neuen Bildgebungs­methoden erhaltenen Ergebnisse wurden darüber hinaus mit Hilfe von umfangreichen histo­logischen Untersuchungen überprüft.

Giorgia Meschini hat in ihrer Doktorarbeit ausgeklügelte, modell­basierte Strategien zur Analyse von atmungs­induzierten Bewegungen in der Partikel­therapie entwickelt. Diese Bewegungen können zu unerwünschten Verzerrungen der Dosisverteilung führen, die in der Bestrahlungs­planung berücksichtigt und ggf. durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden müssen. Dazu hat Meschini das zeitaufgelöste 4D-Magnet­resonanz­tomographie-Verfahren (4D-MRT) genutzt, um die Bewegungs­information über ein spezielles Verfahren in virtuelle 4D-Computer­tomographie-Daten (4D-CT) zu konvertieren. Das 4D-CT ist Grundlage zur präzisen Bestimmung der Reichweite von Ionenstrahlen im Körper während der verschiedenen Atmungs- beziehungs­weise Bewegungsphasen. Weiterhin hat sie Modellierungs­ansätze entwickelt, die die Abschätzung der Atembewegung auch zu Zeitpunkten ermöglicht, die nicht explizit durch die Bildgebungs­verfahren erfasst werden. Dies erlaubt insbesondere auch die Analyse von irregulären Atmungs­verläufen. Schließlich hat Meschini mit diesen Ansätzen auch die Auswirkungen der Atem­bewegung auf die Dosis­verteilung untersucht und eine verbesserte Definition des Zielvolumens vorgeschlagen, die zu einer größeren Robustheit von Bestrahlungs­plänen gegenüber Bewegungs­artefakten führt.

Das Preisgeld beträgt jeweils 1500 Euro. Die Nachwuchs­förderung auf dem Gebiet der Tumortherapie mit Ionenstrahlen hat inzwischen eine langjährige Kontinuität, bereits zum 22. Mal wurde der Preis vergeben, der nach Professor Christoph Schmelzer benannt ist, dem Mitbegründer und ersten Wissenschaftlichen Geschäftsführer von GSI. Die Themen der ausgezeichneten, wissen­schaftlichen Arbeiten sind von grundlegender Bedeutung für die Weiter­entwicklung der Ionenstrahl­therapie, da die Ergebnisse der prämierten Arbeiten oftmals Einzug in die klinische Anwendung finden. Der Verein zur Förderung der Tumortherapie unterstützt Forschungs­aktivitäten auf dem Gebiet der Tumortherapie mit schweren Ionen mit dem Ziel, die Behandlung von Tumoren zu verbessern und der allgemeinen Patienten­versorgung zur Verfügung zu stellen. An der Beschleuniger­anlage bei GSI wurden im Rahmen eines Pilotprojekts von 1997 bis 2008 über 400 Patienten mit Tumoren im Kopf- und Halsbereich mit Ionenstrahlen behandelt. Die Heilungsraten dieser Methode liegen zum Teil bei über neunzig Prozent, und die Neben­wirkungen sind sehr gering. Der Erfolg des Pilotprojektes führte zum Aufbau klinischer Ionenstrahl­therapiezentren in Heidelberg und Marburg, an denen nun routinemäßig mit schweren Ionen behandelt werden kann.

GSI / JOL

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