06.04.2023 • AstronomieAstrophysik

Tycho-Brahe-Medaille 2023 für Anton Zensus

Direktor des MPI für Radioastronomie erhält prestigeträchtige Auszeichnung der Europäischen Astronomischen Gesellschaft.

Prof. J. Anton Zensus vom MPI für Radio­astronomie in Bonn wird mit der Tycho-Brahe-Medaille 2023 ausgezeichnet. Er erhält die Auszeichnung für bedeutende Fortschritte in der Very Long Baseline Inter­fero­metrie, die zu den ersten Bildern der Schatten von super­masse­reichen schwarzen Löchern in den Zentren der Galaxie Messier 87 und unserer Milchstraße führten. Die Tycho-Brahe-Medaille der Europä­ischen Astro­no­mischen Gesell­schaft ehrt heraus­ragende Wissen­schaftler für die Entwicklung oder Nutzung europäischer Forschungs­instrumente oder für bedeutende Entdeckungen, die weit­gehend auf der Arbeit mit solchen Instrumenten beruhen.

Abb.: Prof. J. Anton Zensus, Direktor am in Bonn und Leiter der...
Abb.: Prof. J. Anton Zensus, Direktor am in Bonn und Leiter der Forschungs­abteilung Radio­astro­nomie/VLBI. (Bild: S. Steinbach)

Zensus promovierte an der Universität Münster und arbeitete als Post­doktorand und wissen­schaftlicher Mitarbeiter am California Institute of Technology und am National Radio Observatory. Heute ist Zensus Direktor am MMPI für Radio­astronomie und Leiter der Forschungs­abteilung Radio­astronomie/VLBI. Er ist bekannt für seine jahrzehnte­lange Führungs­rolle bei der Weiter­entwicklung radio­astro­nomischer Beobachtungen mit extremer Winkel­auflösung und Empfind­lichkeit. In den frühen 1980er Jahren wurde die astro­nomische Technik der Very Long Baseline Inter­fero­metry als sehr leistungs­fähiges Instrument, um die Struktur der zentralen Regionen aktiver galaktischer Kerne abzubilden. Zu dieser Zeit war VLBI für Radiowellen im Zenti­meter­bereich optimiert und erreichte eine Abbildungs­genauigkeit auf der Skala von Lichtjahren. Das war ausreichend, um Details in den Jets zu untersuchen, aber noch nicht, um die Zentralquelle mit dem zentralen Antriebs­mechanismus aufzulösen.

Um die Vorhersage zu bestätigen, dass die zentralen Antriebs­mechanismen aus super­masse­reichen schwarzen Löchern bestehen, sind wesentlich höhere Auflösungen erforderlich, was die Ausweitung von VLBI-Beobachtungen auf kürzere Millimeter-Wellenlängen oder sogar über die Größe der Erde hinaus mit Radio­teleskopen in einer Umlaufbahn um die Erde erfordert.

Als Direktor für VLBI am MPI für Radio­astronomie hat Zensus mit seinem Team diese Heraus­forderung angenommen und die IRAM-Teleskope auf dem Pico Veleta in Spanien und dem Plateau de Bure in Frankreich in VLBI-Beobachtungen bei 1,3 mm Wellenlänge inter­fero­metrisch eingebunden. Es folgte die Ausweitung auf trans­atlantische VLBI-Netzwerke und gemeinsam mit inter­nationalen Partner­organisationen wurde das Globale Millimeter-VLBI-Array geschaffen, das zuverlässige Forschungs­daten bei 3 mm Wellenlänge lieferte.

Der nächste technisch machbare Schritt bestand darin, Teleskope auszuwählen, die bei 1,3 mm Wellenlänge beobachten können, darunter die beiden IRAM-Teleskope, APEX sowie ALMA, und sie mit der erforder­lichen Hardware und Software auszu­statten. Ebenfalls wurden ersten experi­mentelle VLBI-Beobachtungen mit Stationen auf beiden Seiten des Atlantiks durchgeführt.

Seit den späten 1970er Jahren haben Berechnungen der Umgebung von schwarzen Löchern gezeigt, dass der Ereignis­horizont eines super­masse­reichen schwarzen Lochs als dunkler Schatten erscheint, dessen Winkelgröße auf einfache Weise mit der Entfernung des Objekts und seiner Masse vor dem verzerrten Hintergrund der Gasemission der Umgebung zusammen­hängt. Die geringe Größe des erwarteten Schattens, selbst für die viel­ver­sprechendsten beiden Kandidaten, die Zentral­quellen der Galaxie M87 und unserer Milchstraße, bestätigte die seit längerem gehegte Vermutung, dass solche Beobachtungen eine erhebliche Verbesserung der bestehenden Beobachtungs­systeme und eine effiziente Zusammen­arbeit auf globaler Ebene erfordern würden.

Daraus entstand das Projekt „Event Horizon Telescope“ EHT. Das EHT umfasst VLBI-Beobachtungen bei kurzer Wellenlänge von 1,3 mm mit einer Reihe von Teleskopen, die über Europa, Nord- und Südamerika, Ozeanien und die Antarktis verteilt sind und damit eine Winkel­auflösung von zwanzig Mikro­bogen­sekunden erreichen. Das war notwendig, um die schwarzen Löcher in Messier 87 und Sgr A* abbilden zu können.

Die EHT-Messungen bestätigten nicht nur die mit anderen Methoden ermittelten Massen, sondern ermöglichten auch die Abbildung des Schattens des schwarzen Lochs im Vergleich zur relativistischen Materie, die es bis auf wenige Schwarzschild-Radien umkreist. Das ist deutlich näher zur Zentralquelle als es andere Methoden zulassen, und führt in den Bereich, in dem die Auswirkungen der Allgemeinen Relativitäts­theorie am deutlichsten sind.

Zensus spielte von Anfang an eine wichtige und grundlegende Rolle, am sichtbarsten in seiner entscheidenden Funktion als Gründungs­vorsitzender des EHT-Vorstands. Ihm gelang es, die notwendigen, aber komplexen Synergien zwischen verschiedenen zunächst konkur­rierenden Gruppen in Europa, den USA und Asien zu vermitteln und aufrecht­zu­erhalten, was letztlich den Weg für den Erfolg des EHT ebnete.

„Ich freue mich sehr, in diesem Jahr mit der Tycho-Brahe-Medaille der Europä­ischen Astro­nomischen Gesellschaft geehrt zu werden“, erklärt Zensus. „Sie würdigt unsere Bemühungen, immer näher an die innersten Regionen und die zentralen Antriebs­quellen der aktiven galaktischen Kerne heran­zu­kommen, was schließlich zu den Schatten der super­masse­reichen schwarzen Löcher in den Zentren unserer Milchstraße und der gigantischen Galaxie Messier 87 führt."

MPIfR / RK

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