06.05.2019 • Lasertechnik

Ultrakurzpuls-Laser erobern Makrobearbeitung

Verfahren zunehmend auch für großflächige Anwendungen interessant.

Mittlerweile haben sich Ultrakurzpuls-Laser in der Wissenschaft und in der Mikromaterialbearbeitung fest etabliert. Auf dem diesjährigen „UKP–Workshop: Ultrafast Laser Technology“ in Aachen zeichnete sich ein neuer Trend ab: Mit der Verfügbarkeit von UKP-Lasern im Multi-100-Watt- bis Kilowatt-Bereich werden sie auch für großflächige Anwendungen interessant. Dazu wird derzeit die komplette Prozesskette bis hin zu voll digitalisierten Verfahren entwickelt. „Der UKP-Laser ist in der Industrie angekommen“, stellte daher auch Arnold Gillner vom Fraunhofer-Institut für Lasertechnik, der Initiator des UKP-Workshops, fest. Das nächste Ziel sei es, Laser mit Leistungen wie bei CO2- und Faserlasern zur Verfügung zu stellen, die heute für die Materialbearbeitung von makroskopischen Bauteilen verwendet werden. „Die Herausforderung ist dabei, wie die Photonen auf das Werkstück gebracht werden können.“

Abb.: Hartmetallbohrer lassen sich vollautomatisch aus einfachen Rohlingen...
Abb.: Hartmetallbohrer lassen sich vollautomatisch aus einfachen Rohlingen herstellen. Die Maschine bekommt Rohlinge und Geometriedaten – die Laserparameter wählt sie automatisch. (Bild: C. Dold, EWAG)

Viele innovative Technologien dafür wurden im UKP-Workshop vorgestellt: Von neuen Laserstrahlquellen über schnelle Scannersysteme und neue Strahlformungskonzepte bis hin zu vollständig automatisierten und digitalisierten Prozessen reichen die aktuellen Beispiele. Einigkeit herrschte beim Thema Strahlquellen: UKP-Laser bis hundert Watt sind inzwischen im Markt angekommen, Systeme mit mehreren hundert Watt sind verfügbar und werden schon in erste Maschinen integriert. Dazu kommen demnächst UKP-Laser im Multi-Kilowatt-Bereich, wie sie die Fraunhofer-Institute für angewandte Optik und Feinmechanik in Jena sowie für Lasertechnik in Aachen im Fraunhofer Cluster of Excellence „Advanced Photon Sources“ entwickeln. Beide Institute haben in den letzten Monaten neue Weltrekorde vorgelegt: Die Jenaer Gruppe zeigte 3,5 kW mittlere Ausgangsleistung aus einem Faserlasersystem und die Aachener 500 W bei nur dreißig Femtosekunden Pulsdauer mit einem Yb:Innoslab-Laser. Insgesamt arbeiten im Fraunhofer Cluster „Advanced Photon Sources“ zwölf Institute. Gemeinsam wollen sie neu entwickelte Strahlquellen zusammen mit entsprechender Systemtechnik für verschiedenste Anwendungen in zwei Applikationslaboren in Jena und Aachen zur Verfügung stellen.

Auch Laserentwickler Eric Mottay von Amplitude Systèmes betont, dass die Systemtechnik für die neuen Laser nur in enger Zusammenarbeit der verschiedenen Technologieträger entwickelt werden kann. Sichtbar wurde dies bei den Vorträgen zu schnellen Scannern, Multistrahlsystemen und Spezialoptiken: Gemeinsam arbeiten Laserhersteller, Scannerexperten und Anwender zum Beispiel an einem Multistrahlkonzept, bei dem ein energiereicher Laserpuls in viele einzelne Laserpulse geteilt wird und parallel über die Oberfläche geführt wird, um größere Flächen effizient zu bearbeiten.

Im Detail erprobte Stephan Brüning von der Schepers GmbH das Multistrahlkonzept für die Strukturierung von Druckwalzen. Früher wurden dort vier Laser parallel eingesetzt, jetzt wird ein UKP-Laserstrahl mit 500 Watt mit einem diffraktiven, optischen Element auf 16 Teilstrahlen verteilt. Über akusto-optische Modulatoren sind die Teilstrahlen unabhängig voneinander steuerbar und erreichen eine deutlich höhere Produktivität. Die Auslegung von Optiken mit bis zu 196 gleichartigen Teilstrahlen erläuterte Oskar Hofmann von der RWTH Aachen. Die Herausforderung bei diesen Optikkonzepten liegt in der Kompensation und Korrektur der verschiedenen Abbildungsfehler. Dass Effizienzgewinne auch mit Einzelstrahlen möglich sind, zeigte Benedikt Nohn von der Volkswagen AG. Sein Beispiel war die Strukturierung von Werkzeugen zum Prägen von Designelementen einer Innenverkleidung. Mit optimierter Scannertechnik konnte der Durchsatz dabei mehr als verdoppelt werden.

„Der Laser ermöglicht eine durchgehende Prozesskette für die digitale photonische Produktion“, lautet die Vision des scheidenden Institutsleiters des Fraunhofer-ILT, Reinhart Poprawe. Voraussetzung dafür ist nicht nur eine enge Verzahnung der verschiedenen Prozesse, sondern auch ein tiefes Prozessverständnis und eine schnelle und effiziente Simulation der Laser-Werkstoff-Wechselwirkungen. Markus Niessen vom Fraunhofer-ILT diskutierte die dafür gängigen Ansätze und wie sich mit einem reduzierten Modell die Rechenzeit dramatisch reduzieren lässt. Mikroskopische Wechselwirkungsprozesse und Materialeffekte werden dabei getrennt von makroskopischen Effekten betrachtet. Langfristig hat Niessen eine klare Strategie: „Unser Ziel ist die first-time-right-Fertigung.“

Der Fortschritt der UKP-Lasertechnik lässt sich inzwischen an der Qualität der Anwendungen ablesen. So auch bei Claus Dold von der EWAG AG, Experte für die Herstellung von Werkzeugen aus ultraharten Materialien. Im Workshop erklärte er, wie hervorragend sich mit dem UKP-Laser polykristalline Diamanten oder Karbidmaterialien bearbeiten lassen. Speziell für die Herstellung von Hartmetallbohrern präsentierte er ein vollständiges Fertigungssystem, wo der Bediener nur die geometrischen Daten eingibt und Rohlinge einlegt. Die Lasermaschine wählt selbst die notwendigen Einstellungen und produziert die Bohrer mikrometergenau. Die Maschinen lassen sich voll automatisieren und in einem globalen Netzwerk betreiben. Auf einem digitalen Marktplatz lassen sich dabei Produktionskapazitäten global steuern und der Nachfrage anpassen.

Die UKP-Lasertechnologie wird in der Industrie immer stärker angenommen. Nach dem Glasschneiden und Anwendungen in Mess- und Medizintechnik ist die großflächige Bearbeitung von Oberflächen auf dem Vormarsch. Mit der Verfügbarkeit von Laserquellen im Multi-kW-Bereich wird der Hauptvorteil der UKP-Technik, also eine extrem hohe Präzision in der Bearbeitung, zu einer stärkeren Verbreitung führen. Effiziente Prozesstechnik und ein sehr gutes Prozessverständnis sind dabei Voraussetzungen für die industrielle Anwendung. Neue Anwendungen von der Erzeugung von EUV-Strahlung bis hin zur Quantentechnologie sind im Kommen. Als neue Herausforderung muss der Schutz vor Röntgenstrahlung gesehen werden.

Fh.-ILT / RK

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