US-Vorherrschaft im All gefährdet?
Schon seit Monaten wird bei der US-Weltraumbehörde NASA das 50. Jubiläumsjahr begangen - es gibt Workshops, Foren, Konferenzen. Nur die echte Feierlaune fehlt.
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Washington (dpa) - Schon seit Monaten wird bei der US-Weltraumbehörde NASA das 50. Jubiläumsjahr begangen - es gibt Workshops, Foren, Konferenzen. Alles gut gemeint - nur die echte Feierlaune fehlt. Denn die großen Triumphe wie die Landung auf dem Mond liegen fast 40 Jahre zurück. Am 29. Juli 1958 unterschrieb US- Präsident Dwight D. Eisenhower die Gründungsakte der neuen Behörde. Am 1. Oktober nahm die NASA ihre Arbeit auf - das ist auch der Termin für die offiziellen Feierlichkeiten dieses Jahr.
Das NASA-Budget ist seit Jahren schwer zusammengestrichen, selbst die einst so gerühmtem Space-Shuttles sollen demnächst eingemottet werden. Und zu allem Überfluss: Die Konkurrenz wird immer größer, selbst China und Indien drängen mit Macht ins All, Russen und Europäer haben immer ehrgeizigere Pläne. Schon warnen Experten, die seit Jahrzehnten anhaltende amerikanische Vorherrschaft im Weltall sei gefährdet - nicht gerade ideale Stimmung für ein Jubiläum.
NASA-Chef Michael Griffin höchstpersönlich schlug jüngst Alarm: «Wir haben viele Dutzend Milliarden Dollar ausgegeben, um im Weltall einen klaren Vorsprung über alle anderen Länder der Erde zu bekommen». Doch in den vergangenen 15 Jahren sei der NASA-Etat inflationsbereinigt um sage und schreibe 20 Prozent verringert worden. «Wir leben von den Früchten, die wir in den ersten 40 Jahren erreicht haben.»
Dabei hat die NASA - die National Aeronautics and Space Administration - den USA den größten nationalen Triumph seit dem Ende des II. Weltkrieges beschert. Die Landung auf dem Mond am 20. Juli 1969 (US-Zeit), die Bilder der Astronauten in ihren unförmigen glänzenden Schutzanzügen in der grauen Mondlandschaft, die Fußabdrücke im Mondstaub, der Sternenbanner auf dem Erdtrabanten - das alles sind süße Erinnerungen, tief eingegraben ins Bewusstsein der Nation. Schließlich ist Weltraumfahrt, vor allem die bemannte, ein Stück «amerikanischer Traum» - eine Mischung aus Pioniergeist und Aufbruch zu neuen Grenzen.
So richtig begonnen hat das Unternehmen Raumfahrt mit dem «Sputnik-Schock»: Als die Sowjetunion im Oktober 1957 erstmals einen Satelliten ins Weltall transportieren, stürzte für die Amerikaner eine Welt zusammen. Mit einem Schlag wurde klar, dass die ansonsten in Wissenschaft und Technik eher belächelten Russen zu Überraschungen in der Lage sind. Präsident Dwight D. Eisenhower handelte prompt: Er unterzeichnete die NASA-Gründungsakte - zwei Monate später nahm die Behörde ihre Arbeit auf. 8000 Mitarbeiter zählte das neue Unternehmen zu Beginn, heute sind es rund 18 000.
Doch zunächst blieben die Sowjets im «space race», in dem vom Kalten Krieg geprägten Weltraum-Rennen, weiterhin in Führung. Am 12. April 1961 schickten die Russen mit Juri Gagarin den ersten Menschen ins Weltall - es dauerte bis zum 20. Februar 1962, bis das mit Astronaut John Glenn auch der NASA gelang. Doch das war der letzte große Erfolg, den die «Konkurrenz» für sich verbuchen konnte. Von nun an lief die «NASA-Maschine» auf Hochtouren.
Präsident John F. Kennedy hatte das Ziel vorgegeben - bis zum «Ende dieses Jahrzehnts einen Menschen auf dem Mond zu landen und ihn wieder sicher zur Erde zurückzubringen». Das Apollo-Unternehmen begann. Es war die Hochzeit des Kalten Krieges und der Raumfahrt, niemals danach hatten die USA einen solche wissenschaftlich-technische Herkulesaufgabe erfolgreich bewältigt. Führender Kopf der NASA-Ingenieure war Wernher von Braun, der zuvor in Nazi-Deutschland die V2-Rakete entwickelt hatte, mit der Hitler britische Städte in Schutt und Asche legen wollte.
Doch mit dem Triumph auf dem Mond war der Zenit im «Wettrennen im All» überschritten: Vietnamkrieg und «Grenzen des Wachstums», Geldmangel und immer stärker werdende Zweifel am Sinn und Nutzen der bemannten Raumfahrt lähmten den Drang. Hinzu kamen schwere Unglücke wie die Explosion der Raumfähre Challenger im Januar 1986 und die Columbia-Katastrophe, als im Februar 2003 der Shuttle beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verglühte - beide Male starben alle sieben Astronauten.
Auch ansonsten erwiesen sich Shuttles als Flops: Ursprünglich sollten die wiederverwendbaren Raumfähren die Fliegerei ins All billiger machen, doch die Rechnung ging nicht auf, tatsächlich fraßen die hochkomplizierten Raumgleiter über Jahrzehnte den Löwenanteil des NASA-Etats auf. Auch die von vielen Experten hochgelobte Internationale Weltraumstation ISS konnte an den Problemen nichts ändern. Seit 1998 sind Russen, Amerikaner, Japaner und Deutsche dabei, die Station rund 400 Kilometer über der Erde aufzubauen. Erst im Februar installierten die Europäer ihr Weltraumlabor «Columbus», ein Meilenstein für die europäische Raumfahrt. Erst jüngst gab die NASA offiziell bekannt, dass im Mai 2010 die Shuttle-Flüge eingestellt werden.
Wer dann noch zur ISS will, ist mindestens fünf Jahre lang auf «Mitfahrgelegenheiten» in der wesentlich kleineren und kreuz- unbequemen Sojus-Raumkapsel angewiesen. Ein russisches Monopol im All - noch vor Jahren wäre das in den USA undenkbar gewesen. Doch es heißt, bei der NASA gehe bereits schwerer Katzenjammer um. Frühestens im Jahr 2015 soll der neue US-Raumtransporter Orion einsatzbereit sein.
Um wieder für die rechte Weltraumbegeisterung zu sorgen, gab Präsident George W. Bush neue Ziele vor: «Zurück zum Mond, zum Mars und darüber hinaus», heißt das Programm. Im Jahr 2020 soll wieder ein Amerikaner seinen Fuß auf den Mond setzten, es soll sogar eine ständige Mondbasis gebaut werden, sozusagen als «Sprungbrett« für weitere Mission. 2037 soll dann erstmals ein Amerikaner auf dem Mars landen. Doch trotz großer Ziele und klarer Vorgaben - noch fehlt der rechte Funke, so richtig hat die Vision noch nicht eingeschlagen.
Peer Meinert, dpa
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