Vergoldete Spintronik
Einfluss chiraler Moleküle auf den Elektronenspin untersucht.
Elektronen haben den Spin als intrinsische Eigenschaft, was unter anderem Vorteile im Bereich der Speichertechnologien mit sich bringen könnte. Doch ist es bislang recht schwierig, die Spins zu selektieren – also etwa nur Elektronen mit einem Spin zu haben, der beispielsweise nach oben zeigt. Eine Möglichkeit: Man schickt einen Strom durch einen Ferromagneten wie Eisen, je nach Magnetisierungsrichtung erhält man einen spinpolarisierten Strom.
![Abb.: Helix als Spin-Filter](/media/story_section_image/11406/img-01-spinfilter-jgu.jpg)
Eine Alternative ist in den letzten zehn Jahren aufgekommen. Man schickt dabei den Strom durch chirale Moleküle – also durch Moleküle, die sich nicht mit ihrem Spiegelbild in Deckung bringen lassen, etwa Helix-Strukturen. Auf diese Weise erhält man ebenfalls eine Spinpolarisierung von etwa 60 bis 70 Prozent, was ähnlich hoch ist wie bei einem ferromagnetischen Material. Doch bisher ist dieser Ansatz nach wie vor Gegenstand von Diskussionen.
Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) konnten die Existenz des „Chiral-induced Spin Selectivity Effect“ nun untermauern. „Wir haben den Effekt der chiralen Moleküle mit Methoden der Spintronik untersucht“, erläutert Angela Wittmann vom Institut für Physik der JGU. „Dabei leiten wir den Ladungsstrom nicht durch das chirale Molekül selbst hindurch, sondern verwenden eine Goldschicht, auf der sich chirale Moleküle befinden, und hybridisieren das gesamte System. Zwar fließt der größte Teil des Stroms durch die Goldschicht, dennoch verändern die chiralen Moleküle den Zustand des Goldes.“
Dabei untersuchten die Wissenschaftler die Umwandlung des Spinstroms in Ladungsstrom. In einer reinen Goldschicht werden etwa drei Prozent des Spinstroms in Ladungsstrom umgewandelt – unabhängig davon, ob der Spin der Elektronen nach oben oder nach unten zeigt. Anders dagegen im System aus Goldschicht und chiralen Molekülen: Sind die Moleküle auf der Goldoberfläche rechtsdrehend, werden Ströme mit Spin-Up sehr viel effizienter in Ladungsströme umgewandelt als solche, deren Spin nach unten zeigt. Sitzen hingegen linksdrehende Moleküle auf der Goldschicht, ist es genau andersherum.
In welchem Ausmaß die Spinströme in Ladungsströme umgewandelt werden, hängt also davon ab, welche Chiralität die Moleküle an der Goldoberfläche haben. „Zudem ist der Effekt vektoriell. Das heißt: Zeigt die Helix des chiralen Moleküls nach oben, dann tritt dieser Effekt nur auf, wenn die Spins ungefähr in die gleiche oder genau entgegengesetzte Richtung zeigen“, beschreibt Wittmann. Sind die Spins in Bezug auf die Helix gedreht, verschwindet der Effekt. Die Richtung der Spins und die Helix-Achse müssen also übereinstimmen oder genau entgegengesetzt sein.
„Mit diesem Nachweis leisten wir einen weiteren Beitrag zur Akzeptanz des Spin-Selectivity-Effekts, also des Einflusses chiraler Moleküle auf die Spins“, resümiert Wittmann.
JGU / DE