16.09.2011

Vesta – ein Asteroid mit Überraschungen

Dreidimensionale Aufnahmen des deutschen Kamerasystems auf der Nasa-Sonde Dawn zeigen enorme Krater und Berge.

Unterschiedliche Einschlagskrater, Täler, Canyons und Berge, die zu den höchsten im Sonnensystem gehören – die dreidimensionalen Aufnahmen und Filme, die die Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) vom Asteroiden Vesta erstellt haben, zeigen einen ungewöhnlichen Himmelskörper. Seit Juli 2011 kreist die amerikanische Raumsonde Dawn mit einem deutschen Kamerasystem an Bord um den Asteroiden. „Vesta hat uns völlig überrascht“, sagt Ralf Jaumann vom DLR-Institut für Planetenforschung. Die topografischen Karten sind Voraussetzung für die Erforschung des Asteroiden, der zwischen Mars und Jupiter seine Bahn zieht.

Abb.: Diese perspektivische Ansicht zeigt einen Teil des Rands von Vestas Südpol-Becken. (Bild: Nasa, JPL / Caltech / MPS / DLR / IDA)

Mit den aktuellen dreidimensionalen Bildern, die den gesamten Asteroiden zeigen, wird vor allem eines sehr deutlich: Vesta hält für die Wissenschaftler des Dawn-Teams etliche Herausforderungen bereit. „Wir erkennen zum Beispiel in der Südpolregion einen enorm großen Einschlagskrater, wie wir ihn bisher so noch nie gesehen haben“, betont Planetenforscher Ralf Jaumann. Form und Struktur des Kraters unterscheiden sich von allen anderen Einschlägen, die Wissenschaftler im Sonnensystem bereits untersucht haben. „Wir können diesen Krater mit nichts vergleichen und können noch nicht erklären, was genau passiert ist.“ Eine weitere entscheidende Frage der Planetenforscher: Gab es auf dem Asteroiden Vesta Vulkanismus? Die unzähligen Einschläge machen es den Wissenschaftler dabei nicht einfach. „Der Vulkanismus versteckt sich unter aufgeworfenem Material, und die Herausforderung ist nun, die vulkanischen Ablagerungen aufzuspüren“, erklärt Jaumann. So könnte das dunkle Material, das einige der dreidimensionalen Aufnahmen in der Nähe der Krater zeigt, den Wissenschaftlern Auskunft über möglichen Vulkanismus geben. Es könnte aber auch von den einschlagenden Körpern selbst stammen – dann muss die Suche nach dem Vulkanismus weitergehen.

Abb.: Auf diesem Anaglyphenbild sind die Krater der Südpolregion besonders plastisch zu sehen. (Bild: Nasa, JPL / Caltech / MPS / DLR / IDA)

Sollte für diese Details, die die Aufnahmen aus 2420 Kilometern Höhe und der Überflugsfilm zeigen, eine Erklärung gefunden werden, wären die Wissenschaftler dem Ziel der Dawn-Mission um einiges näher. Der Asteroid soll nämlich Aufschluss über die Geburt unseres Sonnensystems geben. Als sich vor 4,56 Milliarden Jahren die Planeten formten, sorgte Jupiter mit seiner Schwerkraft dafür, dass in einem 200 Millionen Kilometer breiten Korridor keine großen Körper entstanden. Das Ergebnis war der Asteroidengürtel mit seinen unvollendeten Planeten – und dazu gehört auch Vesta, der nach seiner Entstehung vermutlich kurzzeitig geschmolzen war, sich nach seiner frühen Abkühlung aber chemisch nicht mehr verändert hat. Die Raumsonde Dawn besucht somit einen Himmelskörper, der erstmals einen Blick in die früheste Zeit Sonnensystems erlaubt. Auf der dynamischen Erde sind alle Spuren aus der Frühzeit des Sonnensystem verschwunden, die Entstehung des Mondes reicht nicht so weit zurück, und der Mars ist schon zu verwittert, um Rückschlüsse zu ziehen. Vesta aber bietet den Schlüssel zum diesem Wissen.

Abb.: Der Pfeil markiert den neu kartografierten Krater Claudia. (Bild: Nasa, JPL / Caltech / MPS / DLR / IDA)

Ein erster Schritt hin zu diesem Wissen sind die 3D-Modelle, die die DLR-Planetengeologen aus den Aufnahmen der Kamera berechnen. Die dritte Dimension, das heißt die Berücksichtigung von Höhen, ermöglicht es, den Asteroiden genauer zu erforschen – und sorgt auch für Überraschung bei den Wissenschaftlern: „Wir hatten nicht mit einer derart komplexen Geologie gerechnet. Allein die Topografie mit Höhenunterschieden von bis zu 20 Kilometern spricht für eine gewaltige Dynamik der Oberflächengestaltung, ebenso wie die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Einschlagskrater, die Täler und Canyons, die Vesta umspannen, und die großen Helligkeitsunterschied des Oberflächenmaterials“, sagt Jaumann. Es wird noch Anstrengung und Zeit erfordern, um die Geheimnisse des Himmelskörpers zu entschlüsseln. Dank der hervorragenden Daten der Dawn-Mission ist es jedoch bereits gelungen, die kartographische Voraussetzung für diese weiterführende Untersuchung zu schaffen.

DLR / OD

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