Von wegen leerer Raum!
Auch die neue Ausgabe der Vakuum in Forschung und Praxis zeigt, was im Vakuum so los ist.
Ein bisschen paradox mutet es manchmal an: Beim leeren Raum interessiert uns vor allem, was noch drin ist. Jenseits aller philosophischer und quantenmechanischer Überlegungen beginnt für uns Praktiker das Vakuum eben bei Druckverhältnissen, wie sie knapp oberhalb der Mount Everest-Spitze vorherrschen.Das so gemäß DIN 28400-1 definierte Vakuum enthält in seiner zaghaftesten Form also in einem Würfel von einem Mikrometer Kantenlänge immerhin noch rund Neunmillionen Teilchen, die keine 20 Nanometer weit kommen, ohne gegeneinander zu stoßen. Am anderen Ende steht – weit entfernt von technischer Realisierbarkeit – der intergalaktische Raum mit gerade einmal einem Teilchen in zehn Kubikmetern, das im Mittel eine Strecke von 180 Tausend Lichtjahren zurücklegen kann, bevor es auf ein weiteres Teilchen trifft. Dagegen herrscht im interplanetaren Raum im Druckbereich unter 10-18 mbar mit Zehntausend Teilchen pro Kubikzentimeter dichtes Gedränge. Nach technologischen Maßstäben sprechen wir bereits ab Drücken kleiner 10-12 mbar von extremem Vakuum (XHV) und haben damit 2500 Teilchen pro Kubikzentimeter im Blick und die Grenze des derzeit technisch Realisierbaren nahezu erreicht. Mit diesem Ansatz lässt sich der Bogen zum Schwerpunkt der Ausgabe 3 der Vakuum in Forschung und Praxis (ViP) rasch ziehen: Es geht in der ViP in der Regel um verdünnte Gase.
Und so bringen wir in dieser Ausgabe Beispiele dafür, wie man mit aufwendiger Messtechnik und fundiertem Knowhow das unsichtbare Wenige in einem nahezu leeren Raum differenziert aufspüren kann.
Peter Hatton (Hiden Analytical) stellt zusammen mit seinen Co-Autoren die Threshold Ionisation Mass Spectrometry (TIMS) vor und zeigt, wie die Auflösung herkömmlicher Massenspektrometrie deutlich erhöht werden kann, wenn niederenergetische Elektronen zur Ionisation der zu analysierenden Gasatome oder -moleküle eingesetzt werden. Mit diesem Verfahren lassen sich auch noch Spezies mit nahezu gleichem Masse-zu-Ladung-Verhältnis getrennt analysieren. Dies gestattet unter anderem die Auftrennung von Deuterium und Helium und ist für die Untersuchung von Fusionsplasmen von hoher Relevanz.
Nur mit zuverlässiger Druckmessung kann in vakuumtechnischen Anlagen Prozesssicherheit erzielt werden. Dr. Viola Schäfer (Pfeiffer Vacuum) und Co-Autor zeigen für den UHV-Bereich Lösungen für eine auch in beengten räumlichen Anordnungen einsetzbare Druckmessung rund um den Einsatz von Turbomolekularpumpen auf.
Die Vakuumerzeugung mittels Wälzkolbenpumpen untersuchen Dr. Alexey Raykov (Kazan National Research Technological University, Russland) und Co-Autoren, indem sie mit Hilfe der numerischen Strömungsmechanik ein CFD-Modell für diesen zur Erzeugung von Feinvakuum weit verbreitet eingesetzten Pumpentyp entwickeln und verifizieren.
Wie sich mittels trockenlaufender Klauenvakuuumpumpen die Wasserqualität in Fernwärmenetzen steigern lässt, stellt Jasmin Markanic (Busch Vacuum Solutions) vor. Die robusten grobvakuumerzeugenden Pumpen entfernen Wrasendämpfe und garantieren in Kombination mit Vollentsalzungsanlagen einen zuverlässigen Korrosionsschutz für die Rohrleitungen.
Hinter die Physik von Verdampfung und Kondensation schaut der dreizehnte Teil unserer Gelernt ist gelernt- (GIG-) Reihe und stattet uns mit solidem Wissen über den Wechsel von Aggregatszuständen aus.
Der Magazinteil möchte wie immer mit der Vielfalt der vakuumtechnologischen Anwendung in Produktentwicklung und Grundlagenforschung erfreuen und heute schon Machbares sowie morgen vermutlich Erreichbares vorstellen. So soll auch diese Ausgabe beim Stöbern in den Themen rund um den nicht ganz so leeren Raum Entspannung und Anregung zugleich bringen.
Wiley / Lisa Kleinen