Infrarotlicht ist ein Türöffner für vielfältige technologische Anwendungen. Es schafft die Voraussetzungen, Moleküle gezielt zu Schwingungen anzuregen, sowie elektrische Signale in Halbleitern zu erzeugen. Wer die Schwingung elektrischer Felder von ultrakurzen Lichtpulsen technisch nutzen will, muss zunächst herausfinden, wie man sie am besten kontrolliert. In vielen Wellenlängenbereichen funktioniert das schon gut. Eine Herausforderung war bislang die Kontrolle und Steuerung von Licht im mittleren infraroten Wellenlängenbereich. Einem internationalen Team von Forschern ist es jetzt gelungen, ultrakurze Mittel-Infrarotpulse zu erzeugen und die Wellenform, also deren elektrisches Feld, präzise zu steuern. Damit eröffnet sich eine neue Möglichkeit der optischen Kontrolle für biomedizinische Anwendungen sowie für die Quantenelektronik.
Die Grundlage für die neue Mittel-Infrarotquelle ist ein stabilisiertes Lasersystem, das Lichtpulse mit einer genau definierten Wellenform im angrenzenden nahen Infrarot erzeugt. Die Pulse bestehen aus nur einer Schwingung der Lichtwelle und sind damit nur wenige Femtosekunden lang. Schickt man diese in einen Zink-Germanium-Phosphit-Kristall, lässt sich unter Ausnutzung komplexer Mischprozesse die Erzeugung langwelliger Infrarotpulse herbeiführen. So ließ sich eine sehr große Abdeckung des Lichtspektrums von ein bis zwölf Mikrometern erreichen. Dabei konnten die Forscher nicht nur die zugrundeliegende Physik der Mischprozesse erklären, sondern das neue Konzept auch dazu nutzen, die Schwingungen des erzeugten Mittelinfrarot-Lichts über die Eingangsparameter präzise zu kontrollieren.
Diese Kontrolle kann beispielsweise bestimmte elektronische Prozesse in Festkörpern gezielt auslösen, was in künftiger, elektronischer Signalverarbeitung wichtig sein und sie beschleunigen könnte. „Man könnte also über die Kontrolle der Lichtpulse eine lichtgesteuerte Elektronik entwickeln“, sagt Philipp Steinleitner vom MPI für Quantenoptik. „Würden optoelektronische Bauteile bei Frequenzen des erzeugten Lichts arbeiten, könnte man heutige Elektronik mindestens um den Faktor 1000 beschleunigen.“
Ein besonderes Augenmerk der neuen Licht-Technologie legen die Physiker auf ihren Einsatz in der Spektroskopie von Molekülen. Trifft nämlich Infrarotlicht auf Moleküle, beginnen diese zu schwingen und senden ihrerseits charakteristisches Licht aus. So kann man herausfinden, welche Moleküle sich in einer Flüssigkeit, wie etwa im menschlichen Blut befinden. „Mit unserer Lasertechnik haben wir damit den kontrollierbaren Wellenlängen-Bereich im Infrarot deutlich erweitert“, erklärt Nathalie Nagl vom MPI für Quantenoptik. „Die nun zusätzlich verfügbaren Wellenlängen verschaffen uns die Möglichkeit, noch genauer zu analysieren, wie sich ein Mix aus Molekülen zusammensetzt.“
Ein Teil des Teams arbeitet bereits daran, anhand von Molekular-Spektroskopie charakteristische Signaturen zu identifizieren. Diese erlauben es, eine Erkrankung wie Krebs mittels Blutprobenuntersuchung bereits im Frühstadium zu erkennen. „Unsere Lasertechnologie erlaubt es unseren Kollegen in Zukunft, bisher nicht erfassbare Änderungen spezifischer Biomoleküle wie Proteine oder Lipide nachzuweisen. Damit steigert sie die Verlässlichkeit einer künftigen medizinischen Diagnostik mit Hilfe der Infrarot-Lasertechnologie“, erläutert Maciej Kowalczyk vom MPI für Quantenoptik.
LMU / RK
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- Originalveröffentlichung
P. Steinleitner et al.: Single-cycle infrared waveform control, Nat. Phot., online 26. Mai 2022; DOI: 10.1038/s41566-022-01001-2 - Attoworld, Ludwig-Maximilians-Universität München & Max-Planck-Institut für Quantenoptik, Garching