14.06.2023

Wichtiger Schritt zum Fusionsreaktor

Sebastijan Brezinsek erhält den Nuclear Fusion Award der IAEA.

Die internationale Atom­energie­behörde (International Atomic Energy Agency, IAEA) vergibt jährlich seit 2006 den „Nuclear Fusion Award“ für die Veröffentlichung, die in den vergangenen vier Jahren den größten wissen­schaftlichen Einfluss in der Fusions­forschung hatte. Rückwirkend für das Jahr 2022 erhält den Preis Sebastijan Brezinsek, Physik­professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und Wissenschaftler am Institut für Energie- und Klima­forschung des Forschungs­zentrums Jülich (FZJ). Das ausgezeichnete Paper befasst sich mit dem Verhalten von Wolfram auf Prallplatten am Plasma­experiment JET.

 

Abb.: Sebastijan Brezinsek wird mit dem Nuclear Fusion Award 2022 der IAEA...
Abb.: Sebastijan Brezinsek wird mit dem Nuclear Fusion Award 2022 der IAEA ausgezeichnet. (Bild: FZJ / R.-U. Limbach)

Die Fusion leichter Atomkerne zu schwereren Teilchen setzt große Mengen Energie frei – mehr als in jedem anderen physikalischen Prozess. Die Kernfusion ist die Energie­quelle der Sterne. Sie ist auch eine vielversprechende Option für die zukünftige Energie­versorgung, an der seit mehr als siebzig Jahren Physiker und Ingenieure arbeiten.

Sebastijan Brezinsek forscht im EUROfusion-Verbund unter anderem am Plasma­forschungs­reaktor JET (Joint European Torus) im britischen Culham zu der Frage, was passiert, wenn hochenergetische Plasma­teilchen die Wand eines Fusionsreaktors treffen. Einerseits ist dies wichtig, um Energie aus einem Reaktor zu gewinnen. Andererseits können dabei aber auch Teilchen aus der Wand herausgelöst werden und das Plasma verschmutzen, was die Fusions­reaktion stört.

Im Jahr 2019 veröffentlichten Brezinsek und Kollegen dazu in der vom „Institute of Physics“ (IOP) betreuten Zeitschrift „Nuclear Fusion“ die viel beachtete Studie „Erosion, screening, and migration of tungsten in the JET divertor“. Sie wird nun von der IAEA mit dem „Nuclear Fusion Award“ ausgezeichnet.

Das Forschungsteam beschreibt in dem Paper die Zerstäubung von Wolfram durch das Bombardement mit Wasserstoff­ionen an den Prallplatten im Divertor des JET. Der Divertor dient zur Beseitigung des Fusions­produkts Helium und anderer Verunreinigung im Reaktor. Die Prallplatten in ihm sind für die Leistungs- und Teilchen­auskopplung verantwortlich und bestimmen damit die Verfügbarkeit der Anlage. Die Autoren der Studie beschreiben, wie Wolfram freigesetzt wird, wie viel davon in die Plasma­brennkammer kommt – was das heiße Plasma verunreinigt – und wie die Wolframionen letztendlich abtransportiert werden.

Brezinsek sagt: „JET und die zugehörige Simulation der Plasma-Wand-Wechselwirkung gelten als Referenz für das Verhalten der Wolframprallplatten in dem zukünftigen Fusions­testreaktor ITER. Das langfristige Ziel der Experimente am JET ist, die besten Bauteile und Betriebs­parameter für ITER zu finden, um dann die Optionen für eine Energie­versorgung durch Kernfusion final zu evaluieren.“

Die physikalischen und technischen Heraus­forderungen auf dem Weg zu einem Fusions­kraftwerk sind gewaltig. Um eine Fusions­reaktion auszulösen, müssen leichte Atomkerne mit hoher Energie und damit hohen Temperaturen von vielen Millionen Grad Celsius miteinander kollidieren. Eine der seit Jahrzehnten verfolgten Technologien sind die Tokamaks: ringförmige Plasma­reaktoren, in denen durch starke Magnetfelder ein verdünntes, ionisiertes Wasser­stoffgas in Form eines Torus gezwungen wird. Darin wird es extrem erhitzt, um die Verschmelzung der Wasserstoff- zu Helium­kernen zu erreichen.

Experimente wie der JET in Culham werden von internationalen Kollaborationen betrieben. Sie sollen diverse Teilprobleme lösen, um schließlich das aktuell im französischen Cadarache im Bau befindliche Fusions­experiment ITER (International Thermo­nuclear Experimental Reactor) realisieren zu können. ITER soll schließlich den Bau des ersten Fusions­reaktors DEMO (DEMOnstration Power Plant) ermöglichen.

U. Düsseldorf / DE

 

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