Wie Druck auf Supraleiter wirkt
Neue Ergebnisse erweitern Grundlagen für eine Supraleiter-Theorie.
Physikerinnen und Physiker der Universität Leipzig ist erneut ein tieferer Einblick in den Mechanismus von Supraleitern gelungen. Damit ist die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Jürgen Haase dem Ziel ein Stück nähergekommen, Grundlagen für eine Theorie für Supraleiter zu entwickeln, die Strom ohne Widerstand und damit ohne Verlust fließen lassen. Die Forschenden fanden heraus, dass in supraleitenden Kupfer-Sauerstoff-Verbindungen, den Kupraten, auch unter Druck eine ganz bestimmte Verteilung der Ladung zwischen dem Kupfer und dem Sauerstoff vorherrschen muss. Damit bestätigten sie ihre eigenen Erkenntnisse aus dem Jahr 2016, als Haase und sein Team eine experimentelle Methode auf der Basis von Magnetresonanz entwickelt hatten, mit der für die Supraleitung relevante Veränderungen in der Struktur der Materialien gemessen werden können.
Sie identifizierten damals weltweit erstmals einen messbaren Materialparameter, der die maximal mögliche Sprungtemperatur voraussagt – eine Voraussetzung, um Supraleitung bei Zimmertemperatur zu erreichen. Nun haben sie entdeckt, dass Kuprate, die unter Druck die Supraleitung vervielfachen, der 2016 vorausgesagten Ladungsverteilung folgen. „Unter Druck kann die Sprungtemperatur von Kupraten vervielfacht werden. Das beschäftigt die Wissenschaft seit dreißig Jahren. Aber bislang unbekannt war, welcher Mechanismus dafür verantwortlich ist“, erklärt Haase. Er und seine Kollegen aus dem Felix-Bloch-Institut für Festkörperphysik seien nun dem wirklichen Mechanismus in diesen Materialien ein großes Stück nähergekommen.
„An der Universität Leipzig wurden durch die Förderung der Graduiertenschule BuildMoNa die grundlegenden Voraussetzungen auch für die Erforschung der Kuprate mit der Kernresonanz gelegt, und Michel Jurkutat war als Doktorand dabei. Wir haben zusammen die Leipziger Relation aufgestellt, die besagt, dass man dem Sauerstoff in diesen Materialen Elektronen entziehen und sie dem Kupfer geben muss, um die Sprungtemperatur zu erhöhen. Das kann man mit Chemie machen, aber eben auch mit Druck. Dass wir das alles mit Kernresonanz messen können, hätte kaum einer gedacht“, sagt Haase.
Ihr aktuelles Forschungsergebnis könnte die Voraussetzung für die Herstellung eines Supraleiters bei Raumtemperatur sein, was seit Jahrzehnten der Traum vieler Physiker ist und jetzt nach Einschätzung Haases nur noch einige Jahre dauern dürfte. Bisher ist dies nur bei sehr tiefen Temperaturen um minus 150 Grad Celsius und darunter möglich, die nirgends auf der Erde einfach zu finden sind. Vor etwa einem Jahr verifizierte eine kanadische Forschergruppe mit neu entwickelten, computergestützten Rechnungen die Forschungsergebnisse der Arbeitsgruppe um Haase von 2016 und untermauerte sie somit theoretisch.
U. Leipzig / JOL
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- Originalveröffentlichung
M. Jurkutat et al.: How pressure enhances the critical temperature of superconductivity in YBa2Cu3O6+y , PNAS 120, e221545812 (2023); DOI: 10.1073/pnas.2215458120 - Felix-Bloch-Institut für Festkörperphysik, Universität Leipzig