Wie Phononen den Lichttransport in 2D-Halbleitern steuern
Marburger Physiker entschlüsseln den Übergang von ultraschnellem zu langsamem Transport in atomar dünnen Materialien.
Wie bewegen sich Licht-Materie-Teilchen in Materialien, die nur aus einer einzigen Atomlage bestehen? Ein Team um Ermin Malic von der Philipps-Universität Marburg hat erstmals eine mikroskopische Beschreibung des Exziton-Polaritonen-Transports in solchen zweidimensionalen Halbleitern entwickelt. Die Forschenden zeigen, dass diese hybriden Licht-Materie-Teilchen drei unterschiedliche Bewegungsphasen durchlaufen: zunächst einen blitzschnellen, ballistischen Transport, gefolgt von einer superdiffusiven Übergangsphase und schließlich einer langsamen, exziton-dominierten Diffusion. Entscheidend dabei sind Phononen, die den Übergang zwischen diesen Phasen steuern und damit den Energiefluss im Material prägen.

Exzitonen entstehen, wenn ein Elektron durch Licht in einen höheren Zustand angeregt wird und ein positiv geladenes Loch zurücklässt – gemeinsam bilden sie ein gebundenes Teilchenpaar, nämlich das Exziton. Koppeln diese Exzitonen in einer optischen Mikrokavität mit Licht, entstehen Exciton-Polaritonen, die sich deutlich schneller bewegen können als reine Materieteilchen. „Unsere Berechnungen zeigen erstmals im Detail, wie Phononen – also Gitterschwingungen – diesen Prozess kontrollieren und wie sich dadurch die Geschwindigkeit und Richtung des Lichttransports gezielt beeinflussen lassen“, erklärt Jamie Fitzgerald, Postdoc in der Forschungsgruppe „Ultraschnelle Quantendynamik“ von Ermin Malic, Professor für Theoretische Physik an der Uni Marburg.
Für ihre Untersuchung nutzten die Forscher aufwändige numerische Simulationen, die auf der Lösung der Boltzmann-Transportgleichung für Exziton-Polaritonen beruhen. Dabei wurden sämtliche relevanten Wechselwirkungen zwischen Lichtteilchen, Exzitonen und Phononen mikroskopisch genau berücksichtigt – inklusive der sonst oft vernachlässigten „dunklen“ Exzitonzustände. Das Team fokussierte sich auf MoSe2-Monolagen, die in einer Fabry-Pérot-Mikrokavität eingeschlossen sind. Auf diese Weise gelang es, experimentell relevante Bedingungen am Computer exakt nachzubilden und die Propagation der Licht-Materie-Quasiteilchen im Pikosekundenbereich vorherzusagen.
Die Ergebnisse liefern ein fundamentales Verständnis für den Lichttransport in atomar dünnen Materialien und könnten künftig helfen, energieeffiziente optoelektronische Bauelemente wie photonische Schaltkreise oder neuartige Sensoren zu entwickeln. Das theoretische Modell der Marburger Forschenden schafft damit die Grundlage, um in Zukunft Lichtsignale auf der Nanoskala gezielt zu steuern – „ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu ultrakompakter, lichtbasierter Informationstechnologie“, kommentiert Malic. [U Marburg / dre]
Weitere Informationen
- Originalpublikation
J. M. Fitzgerald, R. Rosati, and E. Malic, Polariton transport in 2D semiconductors: Phonon-mediated transitions between ballistic, superdiffusive, and exciton-limited regimes, Sci. Adv. 11(46), 14. November 2025; DOI: 10.1126/sciadv.aea3495 - AG Ultraschnelle Quantendynamik (Ermin Malic), Fachbereich Physik, Universität Marburg















