01.02.2023 • Energie

Wie Rotorblätter ermüden

Thermografie-Verfahren erkennt schon früh Schäden an Windkraftanlagen.

Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) und das Marburger Start-up Latoda haben ein neuartiges Verfahren entwickelt, um die Energie­ausbeute von Windkraft­anlagen zu steigern. Dabei werden die Rotorblätter mittels Thermografie und künstlicher Intelligenz auf Material­ermüdung geprüft. Die Früherkennung von Schäden an der Oberfläche verbessert die Effizienz einer Anlage. In einer Machbarkeits­studie unter der Leitung der BAM wurde das neuartige Inspektions­verfahren jetzt erfolgreich getestet.

Abb.: Durch Aufnahmen mit einer Infrarotkamera lassen sich rechtzeitig...
Abb.: Durch Aufnahmen mit einer Infrarotkamera lassen sich rechtzeitig Schadstellen erkennen, die Verwirbelungen auf den Rotorblättern bewirken. (Bild: BAM)

Dabei werden durch thermo­grafische Aufnahmen mit einer Infrarot­kamera Erosions­schäden an den Rotor­blättern sichtbar gemacht. Die Schadstellen wiederum werden durch Regentropfen verursacht; sie bewirken Verwirbelungen des Luftstroms an der Oberfläche der Rotor­blätter und sind damit für Leistungseinbußen der Windturbine insgesamt verantwortlich. Auf Thermogrammen werden die Turbulenzen sichtbar. Durch ihre rechtzeitige Detektion und Kategorisierung können Wartungen zielgerichteter geplant und durchgeführt werden. Insgesamt lässt sich so die Leistung von Windkraft­anlagen im Jahres­durchschnitt um bis zu zwei Prozent steigern.

Die thermo­grafische Inspektion von Rotorblättern, bei der ein Kamerasystem vom Boden aus Aufnahmen macht, dauert nur etwa zehn Minuten. Im Vergleich zu konventionellen Inspektions­verfahren mit Industrie­kletterern, die meist zwei bis drei Tage in Anspruch nehmen, bedeutet bereits dies eine hohe Effizienz­steigerung, weil sich längere Ausfallzeiten allein aufgrund von Inspektionen vermeiden lassen. Die Thermo­gramme werden anschließend mit komplexen Bild­verarbeitungs- und KI-Algorithmen analysiert und dabei kleinste Temperatur­unterschiede auf der Oberfläche der Rotorblätter registriert und markiert. Sie weisen auf die Erosions­schäden durch Regen hin.

Durch die automatisierte Daten­auswertung können Wartungs- und Reparatur­arbeiten deutlich effizienter als bisher geplant werden. Denn da das Verfahren gleichzeitig viel kosten­günstiger als bisherige Inspektionen ist und daher häufiger durchgeführt werden kann, lassen sich beginnende Schäden im Frühstadium erkennen und oberflächennah beheben, bevor tief­greifende Reparaturen erforderlich werden. „Die Inspektion von Rotorblättern mittels Thermo­grafie ist eine sehr schnelle und innovative Methode. Man benötigt allerdings viel Erfahrung und technisches Verständnis, wenn es an die Auswertung der erzeugten Bilder geht. Hier stellt eine auto­matisierte Bildauswertung mit künstlicher Intelligenz ein großes Potenzial dar, um nach der Messung noch schneller und belastbarer zu entscheiden, welche Maßnahmen konkret durch die Betreiber der Anlagen einzuleiten sind“, sagt Michael Stamm, Leiter des Projekts an der BAM.

„Die entwickelte Software mit KI-Algorithmus kann auch auf weitere Anwendungs­felder im Bereich Windenergie übertragen werden, wie beispiels­weise auf strukturelle Schäden im Inneren von Rotor­blättern. Damit ließen sich die Gefahren von Belastungs­brüchen und anderer Materialermüdung rechtzeitig erkennen und ungeplante Betriebs­unterbrechungen vermeiden“, so Lars Osterbrink, technischer Projektleiter bei Latoda.

BAM / JOL

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