20.02.2025

Wie sich Elektronen in verdrehten Doppelschichten verhalten

Neuer Weg zur Kontrolle elektronischer Zustände in zweidimensionalen Materialien.

Ein internationales Team von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie MPSD, der Nanjing University, des Songshan Lake Materials Laboratory (SLAB) und weiterer Partner hat eine neue Methode zur gezielten Kontrolle exotischer elektronischer Zustände in zweidimensionalen Materialien entwickelt. Aufbauend auf ihren früheren Arbeiten zu verdrehten Van-der-Waals-Materialien hat das Team eine neuartige Möglichkeit entdeckt, korrelierte elektronische Zustände in zwei verdrehten Doppellagen von Wolframdiselenid (TDB-WSe2) zu manipulieren. Diese Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für die Entwicklung fortschrittlicher Quantenmaterialien und -bauelemente.

Abb.: Illustration einer verdrehten Doppelschicht aus Wolframdiselenid, bei der...
Abb.: Illustration einer verdrehten Doppelschicht aus Wolframdiselenid, bei der elektronische Zustände auf neuartige Weise kontrolliert werden können.
Quelle: J. M. Harms, MPSD

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Durch das präzise Verdrehen zweier Doppellagen von WSe2 um nahezu sechzig Grad sowie das Anlegen eines senkrechten elektrischen Feldes ist es den Forschenden gelungen, die Wechselwirkung zwischen zwei charakteristischen elektronischen Bändern – den K-Valley- und Γ-Valley-Bändern – gezielt zu steuern. Diese Manipulation führte zur Beobachtung eines Valley-Ladungstransfer-Isolators, eines exotischen Zustands, in dem die Bewegung der Elektronen stark korreliert ist und die elektrische Leitfähigkeit unterdrückt wird.

„Diese Arbeit zeigt, dass wir die elektronischen Phasen von Materie durch die Valley-Freiheitsgrade steuern können – eine neue Stellschraube zur Anpassung der Materialeigenschaften“, erklärt Lei Wang von der Nanjing University. „Unsere Ergebnisse liefern ein tieferes Verständnis darüber, wie korrelierte Isolatorzustände gezielt eingestellt werden können, was für zukünftige Quantentechnologien von entscheidender Bedeutung ist.“ Die Möglichkeit, diese korrelierten Zustände ohne Änderungen der chemischen Zusammensetzung oder das Einbringen von Unordnung zu kontrollieren, stellt einen bedeutenden Fortschritt dar.

Bisher war eine solche Kontrolle oft nur durch Materialmodifikationen oder starke Magnetfelder erreichbar. Die von dem Team entwickelte Methode bietet eine deutlich einfachere und reversible Alternative, indem elektrische Felder genutzt werden, um die relative Position der elektronischen Bänder einzustellen. Zudem konnte eine neuartige Form eines flachen Bands im Γ- Valley beobachtet werden. Die Studie zeigt, dass durch das Verschieben des K-Valley-Bands über die Γ-Valley-Hubbard-Bänder mittels Gate-Steuerung ein kontinuierlicher Übergang von einem Mott-Hubbard-Isolator zu einem Valley-Ladungstransfer-Isolator realisiert werden kann. Diese einstellbare Dynamik eröffnet neue Wege zur Erforschung bislang unerforschter Quantenphasen mit potenziellen Anwendungen in Supraleitern, Quantencomputern und weiteren zukunftsweisenden Technologien.

Die Arbeit unterstreicht die wachsende Bedeutung verdrehter Van-der-Waals-Materialien in der Quantenmaterialforschung. „Das ist erst der Anfang“, sagt Lede Xian von der Max-Planck-Partnergruppe am SLAB. „Unsere Forschung eröffnet neue Wege zur Untersuchung und Nutzung stark korrelierter Materialien, die essenziell für die nächste Generation von Quantentechnologien sind.“ „Diese Entdeckung bietet neue Möglichkeiten zur Kontrolle von Materie auf atomarer Ebene“, ergänzt Ángel Rubio aus der Theorie-Abteilung am MPSD. „Wir sind gespannt auf mögliche Anwendungen und darauf, welche einzigartigen Funktionalitäten sich daraus entwickeln lassen.“

Weitere Fortschritte in der Entwicklung von Moiré-Materialien könnten zu neuartigen, einstellbaren Materialeigenschaften führen, die mit herkömmlichen Methoden schwer zu realisieren sind – und so die Grenzen der Materialwissenschaft weiter verschieben. „Wir befinden uns hier in einer äußerst interessanten Situation, in der Änderungen in der strukturellen Ausrichtung zu einer neuen Art von korrelierten Phänomenen führen“, sagt Rubio.

U. Hamburg / JOL

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