Wie sich Feststoffbatterien zersetzen
Elektrochemische Reaktionen lassen sich mit neuer Methode während des Betriebs einer Feststoffbatterie verfolgen.
Feststoffbatterien können mehr Energie speichern und sind sicherer als Batterien mit flüssigen Elektrolyten. Allerdings halten sie nicht so lange und ihre Kapazität nimmt mit jedem Ladezyklus ab. Doch das muss nicht so bleiben: Forscher sind den Ursachen bereits auf der Spur. Ein Team des Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie und der Uni Gießen stellt jetzt eine neue Methode vor, um elektrochemische Reaktionen während des Betriebs einer Feststoffbatterie mit Photoelektronenspektroskopie an BESSY II genau zu verfolgen. Die Ergebnisse helfen, Batteriematerialien und -design zu verbessern.
Feststoffbatterien verwenden zwischen den Elektroden einen festen Ionenleiter anstelle eines flüssigen Elektrolyten, um den Transport von Lithium zu ermöglichen. Das hat Vorteile, zum Beispiel eine höhere Sicherheit während des Betriebs und eine höhere Kapazität. Allerdings ist die Lebensdauer von Festkörperbatterien bislang noch sehr begrenzt. Denn an den Grenzflächen zwischen Elektrolyt und Elektrode bilden sich Zersetzungsprodukte und Zwischenphasen, die den Transport der Lithium-Ionen behindern und zu einem Verbrauch von aktivem Lithium führen, so dass die Kapazität der Batterien mit jedem Ladezyklus abnimmt.
Das Team um Elmar Kataev und Marcus Bär hat einen neuen Ansatz entwickelt, um die elektrochemischen Reaktionen an der Grenzfläche zwischen Festelektrolyt und Elektrode mit hoher zeitlicher Auflösung zu analysieren. „Unter welchen Bedingungen und bei welcher Spannung finden solche Reaktionen statt, und wie entwickelt sich die chemische Zusammensetzung dieser Zwischenphasen während des Zellbetriebs?“ zählt Kataev die Forschungsfragen auf.
Für die Studie analysierte das Team Proben des Festelektrolyten Li6PS5Cl, ein Material, das aufgrund seiner hohen Ionenleitfähigkeit als bester Kandidat für Feststoffbatterien gilt. Dabei arbeiteten sie eng mit dem Team des Batterieexperten Jürgen Janek von der Uni Gießen zusammen. Als Arbeitselektrode diente eine hauchdünne Schicht aus Nickel. Auf die andere Seite des Li6PS5Cl-Pellets wurde ein Lithiumfilm gepresst, der als Gegenelektrode diente.
Um die Grenzflächenreaktionen und die Bildung einer Zwischenschicht in Echtzeit und in Abhängigkeit von der angelegten Spannung zu analysieren, nutzte Kataev die Methode der harten Röntgen-Photoelektronenspektroskopie mit den analytischen Möglichkeiten des Energy Materials In-situ Laboratory Berlin an BESSY II. Röntgenstrahlen treffen dabei auf die Probe, regen die Atome darin an und die emittierten Photoelektronen in Abhängigkeit von der angelegten Zellspannung und der Zeit geben Aufschluss über die Reaktionsprodukte. Die Ergebnisse zeigen, dass die Zersetzungsreaktionen nur teilweise reversibel sind.
„Wir zeigen, dass es möglich ist, mit einem ultradünnen Stromkollektor die elektrochemischen Reaktionen an den vergrabenen Grenzflächen mit Methoden der Oberflächencharakterisierung zu untersuchen“, sagt Kataev. Das Team hat bereits Anfragen von Forschungsgruppen aus dem In- und Ausland erhalten, die ebenfalls an diesem Charakterisierungsansatz interessiert sind. In einem nächsten Schritt will das Team diesen Ansatz erweitern und auch Batterien mit Polymerelektrolyten und verschiedenen Anoden- und Kathodenmaterialien untersuchen.
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
B. Aktekin et al.: Operando Photoelectron Spectroscopy Analysis of Li6PS5Cl Electrochemical Decomposition Reactions in Solid-State Batteries, ACS Energy Letters 9, 3492 (2024); DOI: 10.1021/acsenergylett.4c01072 - Grenzflächendesign, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH, Berlin
- Physikalisch-chemisches Institut, Justus-Liebig-Universität Gießen