Wissenschaftsjahr mit Durchblick
Das Jahr 2022 ist das Internationale Jahr des Glases.
Um zu verstehen, warum Glas so wichtig ist, müssen die meisten Menschen nur kurz die Brille absetzen. Ob in Alltag, Technik, Wissenschaft und auch Kunst, Glas ist einfach allgegenwärtig. Daher hatte die UN Vollversammlung am 18. Mai 2021 dem Antrag der International Commission on Glass (ICG), der Community of Glass Associations (CGA) und ICOM-Glass zugestimmt, das Jahr 2022 zum Internationalen Jahr des Glases (International Year of Glass, IYOG) zu erklären. Das soll die wesentliche Rolle, die Glas für die Gesellschaft spielt, würdigen.

In der Physik lässt sich die große Bedeutung von Glas kaum überschätzen. Teleskope und Mikroskope eröffneten der Forschung völlig neue Bereiche; moderne Experimente und Observatorien erfordern Glaskomponenten höchster Qualität und Präzision, man denke nur an das James Webb Weltraumteleskop, dessen Optik derzeit justiert wird. Die optische Industrie, die in Deutschland mit den Firmen Zeiss und Schott eine lange Tradition hat, ist zudem auch ein wichtiges Berufsfeld für Physikerinnen und Physiker.
Da die Eigenschaften und die Dynamik von Glas und glasbildenden Flüssigkeiten weder mit den Gesetzmäßigkeiten kristalliner Festkörpern noch von Flüssigkeiten erklärbar sind, ist ihre Erforschung ein ebenso anspruchsvolles wie aktuelles Gebiet der Physik. In Form von Glasfasern ist Glas unentbehrlich für die Kommunikationstechnik. Charles Kuen Kao erhielt 2009 den Physik-Nobelpreis für seine bahnbrechenden Leistungen zur Lichtübertragung in Glasfasern.
Im Alltag ist Glas in den unterschiedlichsten Zusammensetzungen und Anwendungen geradezu omnipräsent, und es spielt auch eine wichtige Rolle bei den großen Herausforderungen unserer Zeit. Darüber informiert ein reich illustriertes Buch, das frei im Web verfügbar ist.
2022 feiert auch die Deutsche Glastechnische Gesellschaft ihr 100-jähriges Bestehen, das ein internationaler Kongress in Berlin vom 2. bis 8. Juli würdigt. Ein weiterer Kooperationspartner ist der Verein glasspool e.V., der sich der Förderung und Sichtbarmachung der deutschen und europäischen Glaskultur widmet. Der Schwerpunkt liegt hier im Bereich des hochqualitativen Gebrauchsglases und der freien Kunst aus Glas.
Alexander Pawlak
Weitere Infos
- IYOG 2022
- IYOG 2022 Germany
- IYOG 2022 (glasspool)
- Alicia Durán und John M. Park (Hrsg.), Welcome to the Glass Age, CSIC, Madrid 2022 PDF (150 MB)
Weitere Beiträge
- G. Dörfel, Röhren für den Durchblick, Physik Journal, Dezember 2020, S. 48 PDF
- A. Streicher, High-Speed-Messtechnik für die Glasfertigung, Physik Journal, Februar 2019, S. 26 PDF
- J. Teichmann, Eine neue „Landschaft“ des Unsichtbaren, Physik Journal, Oktober 2017 S. 53 PDF
- M. Fuchs, Gültig bis zum Glasübergang, Physik Journal, Dezember 2015, S. 20 PDF
- F. Müller und G. Dörfel, Zwischen Wissenschaft und Handwerk, Physik Journal, Mai 2014, S. 39 PDF
- H.-G. Unger, Vater der Glasfaserkommunikation, Physik Journal, Dezember 2009, S. 24 PDF
- A. Fleischmann und Ch. Enss, Geheimnis der Tunnelsysteme im Glas gelüftet, Physik Journal, Oktober 2007, S. 41 PDF
- W. Götze, Glasige Relaxation von Flüssigkeiten, Physik Journal, August/September 2006, S. 35 PDF
- P. Lunkenheimer, U. Schneider, R. Brand und A. Loidl, Relaxationsdynamik in Gläsern, Physikalische Blätter, Juni 2000, S. 35 PDF