Zurück vom Mars
DLR simuliert auf Hawaii viermonatigen Aufenthalt auf dem roten Planeten.
Lucie Poulet vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt hat vier Monate lang auf dem Mars gelebt. Sie hat im Raumanzug den roten Planeten erkundet und im Inneren der kuppelförmigen Marsstation Gemüse gezüchtet. Doch sie hat sich dabei keinen Zentimeter von ihrem Heimatplaneten Erde entfernt: Das Habit steht auf Hawaii am nördlichen Hang des Mauna Loa. „Auch wenn man beim Blick aus dem Fenster auf eine irdische Vulkanlandschaft sieht - es hat sich oft so angefühlt, als ob man auf dem Mars leben würde“, sagt Poulet über ihren mehrmonatigen Forschungsaufenthalt in der simulierten Marsstation.
Abb.: Feldforschung im Raumanzug bei der simulierten Marsmission. (Bild: DLR)
Aus dem kuppelförmigen Habitat der University of Hawaii wurde schnell ein Zuhause für die Forscherin. Niemals hätte sie daran gedacht, es ohne ihren Raumanzug zu verlassen. „Man fühlt sich tatsächlich von der Außenwelt auf der Erde isoliert.“ Kein direkter Kontakt zu anderen Menschen, ein gedrosseltes Internet und nur verzögerte Emails mit Nachrichten von außen – all das hat dazu geführt, dass sich das sechsköpfige internationale Team tatsächlich weit entfernt vom irdischen Alltag fühlte. Gerade einmal die wichtigsten Nachrichten von der Erde kamen mit Zeitverzögerung in der Marsstation an. Damit die Erde nicht ganz aus den Gedanken verschwand und um den Mars-Alltag zumindest hin und wieder zu unterbrechen, ließ sich die DLR-Wissenschaftlerin schon vor ihrer Mission Briefe und Postkarten von Familie und Freunden vorbereiten. Nach und nach öffnete sie diese während der monatelangen Isolation und stattete die Wand ihres kleinen Zimmers damit aus. „Wenn ich mich mal nicht so motiviert fühlte oder einfach mal nicht gutgelaunt war, habe ich einen der Briefe geöffnet - und der Tag war gleich wieder schöner.“
Dabei waren ihre Tage dicht gefüllt mit Experimenten. Die Wissenschaftlerin arbeitet im EDEN-Labor – Evolution and Design of Environmentally-closed Nutrition-Sources – des DLR in Bremen, das unter anderem die Gemüsezucht für Langzeitmissionen erforscht. Auf dem simulierten Mars war sie dafür zuständig, das Pflanzenwachstum bei unterschiedlichen Bedingungen zu untersuchen. Mit einem erfreulichen Nebeneffekt für das Team: Nachdem Salat, Tomaten oder auch Radieschen geerntet, gewogen und vermessen waren, landeten sie auf den Tellern der Crew und frischten deren Speiseplan auf. „Ich habe sogar mit Tomatensamen gearbeitet, die sieben Jahren lang im Weltall waren“, so Poulet. Immerhin funktionierten drei von zehn Samen noch, obwohl sie über einen so langen Zeitraum der Weltraumstrahlung ausgesetzt waren. Auch die Auswirkungen von Grünpflanzen auf die Psyche der isolierten Crew im Habitat untersuchte die Wissenschaftlerin. Die Antworten in den Fragebögen fielen einheitlich aus: „Alle haben es genossen, sich um die Pflanzen zu kümmern und etwas Frisches essen zu können.“
Abb.: Sonnenuntergang am simulierten Mars-Habitat auf Hawaii. (Bild: DLR)
Einfach war die Zeit auf dem virtuellen Mars aber nicht immer. „Man verliert sehr schnell das Zeitgefühl.“ Jeden Tag dieselbe Umgebung, jeden Tag dieselben fünf Menschen um sich herum. Erst eine Woche vor dem Beginn der Mission lernte Poulet ihre Mitstreiter persönlich kennen, die sie zuvor nur als Stimmen in Telefonkonferenzen gehört hatte. Im ersten Monat der Mission musste sich das Team zunächst einmal kennenlernen. „Zum Glück gab es aber keine großen Konflikte“, betont sie. „Auch wenn wir mal unterschiedlicher Meinung waren, haben wir letztendlich immer wieder eine gemeinsame Entscheidung treffen können.“ Tagsüber arbeiteten alle in ihren individuellen Forschungsprojekten, zu den Mahlzeiten versammelten sich dann alle an einem Tisch. Selbst am Wochenende arbeiteten die Wissenschaftler, kümmerten sich um ihre Wäsche oder brachten das Habitat auf Vordermann – wir haben uns regelrecht miteinander verabredet, um gleichzeitig Pause zu machen.“
Um fit zu bleiben und Energie abzubauen, stieg Poulet jeden Tag aufs Laufband. Dazu kamen Muskel- und Fitnesstraining. „Man bewegt sich nicht viel im Habitat selbst, die einzigen Gelegenheiten für Bewegung sind die Außeneinsätze im Raumanzug.“ Nach den vier Monaten in der selbstgewählten Isolation standen für die Wissenschaftlerin zwei Dinge auf dem Programm: eine frische Wassermelone essen und Urlaub auf der Insel, die für sie vier Monate lang der Mars war. Die vier Monate im Simulations-Habitat bereut sie nicht: „Ich will gern aktiv bei der bemannten Erkundung des Weltraums mitmachen und Erfahrungen beisteuern, die sie ermöglichen.“ Am DLR Bremen geht nun wieder ein Projekt mit dem EDEN-Team für sie weiter – die Planung eines Gewächshauses für den Mond.
DLR / RK