07.08.2007

50 Jahre nach dem «Sputnik-Schock»

Vor 50 Jahre startete die UdSSR mit Sputnik I den ersten Satelitten. Die Sternwarte Bochum erinnert mit einer Ausstellung an den «Sputnik-Schock» im Westen und den folgenden Wettlauf ins All.

50 Jahre nach dem «Sputnik-Schock» 

Bochum (dpa) - Der Kurzwellenempfänger war nur geliehen und stand im Einkochkeller des Hauses, als Antenne hingen Drähte überall im Garten - mit dieser primitiven Technik empfing der Bochumer Funkamateur Heinz Kaminski am 5. Oktober 1957 sensationell als Erster im Westen die Signale der sowjetischen Raumsonde Sputnik 1. Das Piepsen und Kratzen im Lautsprecher stand am Beginn des Raumfahrtzeitalters - Kaminskis mit Spenden Bochumer Arbeiter nach dem Krieg gegründete «Volkssternwarte» wurde berühmt.

50 Jahre nach dem Ereignis erinnert die inzwischen in Institut für Umwelt- und Zukunftsforschung (IUZ) umbenannte Sternwarte mit einer Ausstellung an den «Sputnik-Schock» im Westen und den folgenden Wettlauf ins All. Die Schau, die am 9. August eröffnet wird, zeigt nicht nur Kaminskis originalgetreuen «Sputnik-Keller», eine restaurierte Rakete und das von der ARD für die TV-Übertragung benutzte Modell des «Mondmobils» 1969. Zu sehen sind auch viele Dokumente aus der DDR-Zeit - etwa, wenn der später als Held des Vaterlands geehrte Kosmonaut Sigmund Jähn 1978 nach seiner Landung mit Sojus 31 vollmundig bekannte: «Ich bin bereit, jeden beliebigen Auftrag meines sozialistischen Vaterlandes zu erfüllen.»

«Wir wollten keine unpolitische Technikshow», sagt der Institutsleiter und Nachfolger des 2002 gestorbenen Kaminski, Thilo Elsner. «Raumfahrt war Teil des Kalten Krieges, und die Begeisterung darüber wurde auch politisch benutzt.»

Der Sowjetunion gelang mit dem Flug der Nachweis, dass ein Satellitenstart ins All technisch machbar war. Außerdem gewannen die russischen Techniker wichtige Daten über die Atmosphäre in großer Höhe. Kaminskis Erfolg lag nicht zuletzt am schlechten Wetter des 5. Oktober 1957: Hunderte Hobby-Astronomen im Westen hatten ihre Fernrohre gen Himmel gerichtet, eine hartnäckige Wolkendecke machte die Beobachtung des am 4. Oktober (Ortszeit) gestarteten Satelliten aber unmöglich. Kaminski reagierte am schnellsten: Er lieh sich mitten in der Nacht einen Kurzwellenempfänger und schaffte es so, wenigstens Tonsignale auf der von Moskau veröffentlichten Satelliten- Funkfrequenz zu empfangen. Der erste Sichtkontakt zu Sputnik 1 gelang einem Schüler in der DDR, wo das Wetter besser war.

Anfang November 1957 meldete Bochum auch den zweiten Satelliten der Russen, Sputnik 2 mit der berühmten Weltraumhündin Laika, und dreieinhalb Jahre später den ersten bemannten Weltraumflug mit Juri Gagarin und der Mission Wostok 1 zuverlässig. Daraufhin erkundigte sich am 14. Juni 1961 der Bundestagsabgeordnete Helmut Schmidt in einer Kleinen Anfrage, ob die Bundesrepublik die Sternwarte nicht aus Bundesmitteln unterstützen wolle.

Die Bundesmittel wurden genehmigt, Kaminski gab seinen Beruf als Chemie-Ingenieur auf und wechselte hauptamtlich an die Spitze der Sternwarte. Von 1963 bis 1967 wurde auf einem Grundstück neben Kaminskis Privathaus im Bochumer Süden eine 20-Meter-Parabolantenne mit einem Kunststoffmantel als Windschutz gebaut.

Die Anlage liegt bis heute wie ein riesiger weißer Ball zwischen den Einfamilienhäusern des ruhigen Wohngebietes. Überdruck im Inneren hält die dünne Plastikhülle straff. Wer hinein will, muss durch eine Druckschleuse und die erste Zeit in der Ausstellung zum Druckausgleich kräftig schlucken. So bekommt jeder Besucher wenigstens eine Ahnung, wie sich Astronauten fühlen müssen, wenn sie Gravitation und natürliches Lebensumfeld der Erde gegen die künstliche Welt des engen Raumschiffs eintauschen.

Über die Parabolantenne empfingen die Bochumer auch den Funkverkehr der ersten US-Mondlandung 1969 - Bilder und Funkmitschnitte, die in jüngster Zeit unerwartete Bedeutung bekamen. Angesichts der Theorien in den USA, dass die Mondlandung von der NASA nur vorgetäuscht gewesen sei, suchte die US-Weltraumbehörde nach neutralen Beweisen. «Wir haben unsere kompletten Mitschnitte rübergeschickt. Die passten hundertprozentig zu den NASA-Dokumenten», erzählt Elsner.

Die Ausstellung dokumentiert das erste Ankoppelmanöver zwischen den Apollo- und Sojusraumschiffen 1975, die Wetter- und Umweltbeobachtung als heutige Hauptaufgabe der Sternwarte und ein berühmtes Auto als Überbleibsel der Sputnik-Begeisterung: Als 1958 Beschäftigte des Autowerks Zwickau über den Namen des neuen DDR- Volkswagens abstimmen durften, wählte die Mehrheit die Übersetzung des russischen Wortes «Sputnik» - Trabant (Begleiter).

Rolf Schraa, dpa

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