Atlantikwinde im Visier
Messungen der Atmosphäre im tropischen Atlantik gestartet.
Zur Unterstützung des Esa-Wind-Satelliten Aeolus hat das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung Tropos jetzt ein Lidar in Mindelo, der zweitgrößten Stadt von Kap Verde, installiert. Das Lichtradar untersucht per Laser die Atmosphäre im tropischen Atlantik und ist Teil einer großen internationalen Messkampagne: Die „Aeolus Tropical Atlantic Campaign“ findet im Sommer und Herbst 2021 statt und soll neben der Kalibrierung der Daten des Esa-Satelliten auch dazu beitragen, Wolken und Aerosole in den Tropen zu erforschen sowie das Entstehen von tropischen Wirbelstürmen besser zu verstehen. Parallel zu den Lidarmessungen aus dem All starteten daher jetzt die Messungen vom Boden aus. Für September sollen außerdem verschiedene Forschungsflugzeuge die Atmosphäre vor Ort untersuchen.
Seit August 2018 misst Aeolus aktiv Winde vom Weltall aus und trägt so dazu bei, die Wettervorhersage zu verbessern. An Bord dieses Satelliten befindet sich mit dem „Atmospheric Laser Doppler Instrument“ (ALADIN) ein Hochleistungslaser. ALADIN ist das erste Instrument im Weltraum, das aktiv vertikale Profile der Windgeschwindigkeit messen kann. Genutzt wird dabei das Prinzip eines Lidars. Ein kurzer Laser-Lichtpuls wird fünfzigmal pro Sekunde abgestrahlt und die zurück reflektierte Strahlung der Atmosphäre zeitaufgelöst gemessen. Die Laufzeit des Lichts bis zu seiner Rückstreuung in der Atmosphäre gibt Auskunft über Ort und Entfernung. Die Windgeschwindigkeit in den verschiedenen Höhen der Atmosphäre wird dann mit Hilfe des Dopplereffekts bestimmt. Um die Laser-Messungen im All zu validieren, werden sie auch mit Laser-Messungen vom Boden aus verglichen.
Die Validierung von Aeolus-Produkten ist besonders in den Tropen wichtig, wo von den Aeolus-Messungen ein besonders großer positiver Einfluss auf die numerische Wettervorhersage erwartet wird. Die Aeolus-Tropenkampagne wird von der Esa in Zusammenarbeit mit europäischen und US-amerikanischen Partnern organisiert: dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, der Nasa, Météo-France, dem Laboratoire atmosphères, milieux, observations spatiales (Latmos), dem Cyprus Institute (CYI), dem National Observatory of Athens (NOA), dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (Tropos), der Universität von Nova Gorica (UNG), dem Ocean Science Centre Mindelo (OSCM) und vielen mehr.
Lidar-Experten aus Deutschland und Griechenland haben jetzt im Rahmen dieser Messkampagne erste Spezialtechnik auf den Kapverdischen Inseln aufgebaut, um in der Hauptsaison den Saharastaub messen zu können. Das Nationale Observatorium von Athen (NOA) wird mit EVE ein weiteres Lidarsystem installieren, das bei einer Wellenlänge bei 355 Nanometern die lineare und die zirkulare Depolarisation des zurückgestreuten Laserlichtes messen kann. Das Tropos hat mit PollyXT ein Lidarsystem installiert, das bei drei Wellenlängen (355, 532 und 1064 Nanometer) die Extinktion und die lineare Depolarisation messen kann. Das Depolarisationsverhältnis gibt an, wie stark die Polarisation des zurückgestreuten Lichts verändert wird und ermöglicht so Rückschlüsse auf den Typ der Partikel in der Atmosphäre.
Beide Lidar-Anlagen sollen die Staubpartikel messen und dadurch helfen, die Daten des Satelliten in Staubsituationen besser zu interpretieren. Dazu werden extra die Einstellungen des Satelliten geändert: Für die Kampagne wird in der Region um Cabo Verde die vertikale Auflösung von Aeolus angepasst um die Luftschicht mit Mineralstaub aus der Sahara, die „Saharan Air Layer“ (SAL), besser aufzulösen. Dafür misst Aeolus zwischen dem Erdboden und fünf Kilometern Höhe mit einer Vertikalauflösung von 500 Metern. Die Messkampagne bringt außerdem noch eine Premiere: „Noch nie zuvor wurde der Orbit, also die Umlaufbahn des Satelliten, verändert, seitdem Aeolus seinen jetzigen Orbit nach dem Start erreicht hatte. Damit aber die Lidargeräte am Boden genau dieselbe Luftschicht messen, die Aeolus misst, ist Aeolus Mitte Juni etwa neunzig Kilometer nach Osten gedriftet und wird dann dort für den Rest der Mission verbleiben“, erklärt Sebastian Bley vom Tropos.
Ursprünglich waren für Juni und Juli zusätzlich zu diesem Boden-Messungen auch noch umfangreiche Messungen in der Luft mit Forschungsflugzeugen aus Deutschland, Slowenien und den USA geplant. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurden die Flugzeugmessungen jedoch auf September verschoben. Die Messungen von NOA und Tropos werden daher mindestens bis Mitte September fortgesetzt, um gemeinsam mit den Flugzeugen zu messen und einen bis jetzt noch nie in diesem Umfang da gewesenen Datensatz zu erzeugen.
Tropos / JOL