Auch den nächsten Schritt erfolgreich meistern
Das Fusionsexperiment ITER hält den Zeit- und Kostenplan für ein „First Plasma“ in 2025 ein.
Auf der Großbaustelle im südfranzösischen Saint-Paul-lès-Durance geht es lebhaft zu. Rund um das Fusionsexperiment ITER entstehen 39 Gebäude und Hallen, mittlerweile sind 70 Prozent der Baumaßnahmen auf dem 180 Hektar großen Gelände abgeschlossen. Nun steht der nächste Schritt auf dem Weg zum „First Plasma“ in sechs Jahren an: Die Komponenten des Experiments müssen vor Ort zusammengesetzt und im Tokamak-Gebäude installiert werden. Den Anfang machten die Zuleitungen für die supraleitenden Magnetfeldspulen, L-förmige Strukturen mit einer Schenkellänge von mehr als drei Metern und knapp einem Meter Durchmesser, die zentimetergenau platziert werden müssen, damit später ein poloidales Magnetfeld das Plasma sicher einschließen kann.
In der Fertigungshalle, die sich direkt neben dem Tokamak-Gebäude befindet, sind mittlerweile die beiden jeweils 800-Tonnen-schwere Halterungen aufgebaut, die dazu dienen, die neun Segmente des Plasmagefäßes mit den supraleitenden Magnetfeldspulen für das toroidale Feld zu bestücken. Die Strukturen sind 22 Meter hoch und erlauben beim Zusammenbau eine Präzision von wenigen Millimetern. Erste Tests waren erfolgreich, sodass der Aufbau beginnen kann, sobald die ersten Magnetfeldspulen in den nächsten Monaten in Südfrankreich eintreffen.
Entsprechend zeigte sich der ITER-Rat, der sich aus den Vertretern der Partnerländer des Fusionsexperiments zusammensetzt, sehr zufrieden mit den Fortschritten des Projekts. Fast zwei Drittel der Arbeiten auf dem Weg zum „First Plasma“ sind bereits abgeschlossen. Damit hält die ITER-Organisation, die für den Bau und später auch den Betrieb der Anlage verantwortlich ist, den Zeit- und Kostenplan ein, der im Januar 2016 aufgestellt wurde.
Das war in der nun fast 30-jährigen Geschichte von ITER nicht immer so. Die weltweit einmalige Kollaboration machte zu Beginn der 2010er-Jahre vor allem durch gestiegene Kosten und Missmanagement Schlagzeilen. Das änderte sich erst, als Bernard Bigot im März 2015 den Posten des Generaldirektors übernahm. Konsequent straffte er die Verwaltung und baute bürokratische Hürden zwischen der ITER-Organisation und den nationalen Behörden der Partnerländer ab, die dafür zuständig sind, die Komponenten von ITER zu liefern. So arbeiten heute alle Akteure als ein „One-ITER team“ zusammen. Kürzlich hat Bigot einer zweiten Amtszeit zugestimmt, die bis März 2025 dauern wird.
Für den ITER-Rat ist die Kontinuität in diesem Amt derzeit ein wichtiges Anliegen, weil auf die ITER-Organisation als Ganzes in den nächsten Monaten einige Änderungen zukommen. Im Frühling des nächsten Jahres beginnt für das Fusionsexperiment offiziell der Zusammenbau des Tokamak-Reaktors. Die Abteilungen der ITER-Organisation, die sich bisher auf die Gebäude konzentriert haben, müssen für diese Phase neu strukturiert werden. Derzeit scheint ITER auf einem guten Weg zu sein, um den anvisierten Termin für ein „First Plasma“ in 2025 einzuhalten.
Die deutsche Community der Plasmaphysiker hat neben den Fortschritten bei ITER einen weiteren Grund zur Freude: Der zweite Standort des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) in Greifswald feiert im Juli sein 25-jähriges Bestehen. Mit Wendelstein 7-X befindet sich dort das weltweit größte Fusionsexperiment vom Typ Stellarator, an dem im Dezember 2015 erstmals ein Plasma erzeugt wurde. Zusammen mit der Tokamak-Anlage ASDEX Upgrade am Standort Garching hat das IPP als einziges Institut weltweit die Möglichkeit, wertvolle Erkenntnisse zu beiden Typen von Fusionsreaktoren beizusteuern.
Kerstin Sonnabend
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