27.04.2022 • Energie

Auf dem Weg zur Tandem-Solarzelle

Neue Anlagen für die Fertigung leichter Solarzellen mit Perowskit-Schicht.

Solarzellen mit zwei strom­erzeugenden Halbleitern wird eine große Zukunft vorhergesagt. Ihr möglicher Wirkungsgrad ist deutlich höher als der herkömmlicher Einfachsolarzellen. Je nach Material­zusammensetzung können sie zudem leichter und flexibler sein. Das Zentrum für Sonnen­energie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) will diese vielversprechende Tandem-Solar­technologie nun schneller in den Markt bringen: Zu diesem Zweck haben die Forschenden zwei neue leistungs­fähige Beschichtungs­anlagen in Betrieb genommen. Die dort hergestellten Tandem-Solar­zellen bestehen aus einer Perowskit­solarzelle, die mit verschiedenen anderen Solarzellen­typen kombiniert werden kann. In den Anlagen werden unter hochreinen Bedingungen die verschiedenen Schichten der Solarzellen aufgebracht. Unternehmen aus der Solar­industrie können hier ihre Entwicklungen im Bereich der Tandem-Solarzellen optimieren. 

Abb.: Semitrans­parente Perowskit-Solar­module wie dieses eignen sich gut...
Abb.: Semitrans­parente Perowskit-Solar­module wie dieses eignen sich gut für den Einsatz in Tandem­solar­modulen. (Bild: ZSW)

Die Effizienz der markt­beherrschenden Siliziumzellen liegt bereits nahe dem praktischen Limit von rund 27 Prozent. Effizienter könnten Tandem-Solarzellen Sonnenlicht in Strom umwandeln. „Sie bestehen aus unter­schiedlichen, übereinander geschichteten Solarzellen“, sagt Jan-Philipp Becker, der neue Leiter des ZSW-Fachgebiets Photovoltaik-Material­forschung. „Die Schichten nutzen zusammen die Breite des Sonnenlicht­spektrums besser aus als die jeweilige Einfachsolarzelle.“ Die obere Solarzelle wandelt das Licht im sichtbaren Teil des Sonnenspektrums in Strom um, die darunter­liegende das Licht im infrarot­nahen Spektrum. Durch die Kombination weisen die Tandem-Solar­zellen einen höheren möglichen Wirkungsgrad auf, der in den kommenden Jahren deutlich über die Dreißig-Prozent-Marke steigen wird. Mittler­weile stehen mehrere Varianten von Tandemzellen zur Verfügung.

Besonders interessant sind Tandem-Solar­zellen mit Perowskit-Schichten als licht­absorbierendem Material. Einige Verbindungen dieser Materialklasse zeigen hervor­ragende optische und elektronische Eigen­schaften und sind reichlich und kostengünstig auf der Erde verfügbar. Als zweite absor­bierende Schicht setzen die Forscher auf Zellen aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen (CIGS), aus Silizium oder erneut Perowskit, aber mit angepasstem spektralem Empfindlichkeits­bereich. Die Kombination der verschiedenen Zelltypen – Perowskit-CIGS, Perowskit-Silizium oder Perowskit-Perowskit – bietet eine aussichts­reiche Möglichkeit, den Wirkungsgrad weiter deutlich zu steigern.

Im Fall von Tandemsolarzellen mit dem Duo Perowskit-Perowskit oder Perowskit-CIGS gibt es neben der hohen Effizienz weitere Vorteile: Als Dünnschicht­technologie können die Module auch auf Kunststoff- oder Stahlfolien hergestellt werden und sind dann leichtgewichtig und flexibel. Dadurch eignen sie sich hervorragend für Anwendungen über Obstplantagen, im Fahrzeugdach oder in der gebäude­integrierten Photovoltaik. Um die Entwicklung auf dem Weg zur Marktreife voranzutreiben, hat das ZSW nun zwei Anlagen in Betrieb genommen: Eine zur Herstellung von Perowskit-Dünnschicht­solarzellen und eine für CIGS-Dünnschicht­solarzellen. Tandemsolarzellen mit Silizium­halbleiter können auf verschiedenen Silizium­zellen externer Partner hergestellt werden.

„Im Institut bestehen nun hervorragende Bedingungen für die Entwicklung von Tandem-Solar­zellen, insbesondere was die Prozesstechnik für die Herstellung von Solarzellen im Vakuum unter hochreinen Labor­bedingungen betrifft. Damit wollen wir die physikalischen Grenzen der Technologie ausloten“, sagt Becker. Dabei helfen auch die bereits vorhandenen, umfangreichen Möglich­keiten zur Material­analytik. Die hergestellten Solarzellen und -module können nach der Fertigung umfassend analysiert und im eigenen Testlabor Solab sowie im Freifeld auf ihre Langzeit­stabilität getestet werden. Mit den neuen Anlagen sollen innovative Prozesse für die Solar­industrie weiterentwickelt werden, die damit effi­zientere und kosten­günstigere Solarmodule auf den Markt bringen können.

Die vier Beschichtungs­kammern des Perowskit-Clusters sind um einen Zentralroboter herum gruppiert und können verschiedenste Solarzellen­schichten herstellen – mit gesputterten transparenten Schichten, verdampften metallischen oder organischen Schichten sowie einer optimierten Vakuum­beschichtung von Perowskiten in einer Vakuumkammer. In der Anlage sind künftig Mehr­komponenten-Perowskit-Schichten mit hoher Homogenität und Reprodu­zierbarkeit herstellbar. Erste Optimierungen im Zellaufbau mit aufge­dampften organischen Elektronen­leiterschichten hat das ZSW bereits erfolgreich durchgeführt.

ZSW / JOL

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