Wissenschaftler des MPI für Polymerforschung in Mainz haben zusammen mit Kollegen aus Dresden, Leipzig, Sofia und Madrid ein neues, metall-organisches Material entwickelt, das ähnliche Eigenschaften wie kristallines Silizium aufweist. Das mit einfachen Mitteln bei Raumtemperatur herstellbare Material könnte in Zukunft als Ersatz für konventionelle nicht-organische Materialien dienen, die in der Optoelektronik genutzt werden.
Abb.: Ein metall-organisches Netzwerk könnte in Zukunft als Ersatz für das Halbleitermaterial Silizium dienen. (Bild: MPI-P)
Bei der Herstellung von elektronischen Komponenten wie Solarzellen, LEDs oder Computerchips wird heutzutage vorrangig Silizium eingesetzt. Für diese Anwendungen wird hochreines Silizium benötigt, das in der Herstellung sehr teuer ist. Das ist darauf zurückzuführen, dass Defekte in einem Material dessen elektrischen Eigenschaften stark beeinflussen. Die Forscher um Enrique Cánovas haben jetzt ein „metall-organisches Netzwerk“ – engl. metal-organic framework, kurz MOF – entwickelt, das ähnliche elektrische Eigenschaften wie Silizium aufweist. Das MOF ist ein hochkristalliner Festkörper, der aus Eisenionen aufgebaut ist, die über organische Moleküle miteinander verbunden sind. Im Gegensatz zu Silizium kann das Material bei Raumtemperatur hergestellt werden. Die Zusammensetzung, Beschaffenheit und elektronischen Eigenschaften können hierbei während des Herstellungsprozesses einfach angepasst werden.
In der Vergangenheit hergestellte Netzwerke zeigten keine oder eine nur sehr geringe elektrische Leitfähigkeit. Das verhinderte deren Einsatz in optoelektronischen Komponenten, wo eine ausreichende Beweglichkeit der Elektronen in dem Material bei Anlegen eines elektrischen Feldes benötigt wird. Mit dem neu hergestellten MOF haben die Forscher gezeigt, dass sich die Elektronen in dem organisch-basierten Material ähnlich wie in Silizium verhalten. Dieses „Drude-Verhalten“ bedeutet, dass sich die Material-Elektronen bei Anlegen eines externen elektrischen Feldes fast frei bewegen können. Ein solches Verhalten, meist beobachtbar in anorganischen, hochgeordneten Kristallen wie Silizium, wurde bisher kaum in organisch basierten Materialien beobachtet, da diese normalerweise eine ungeordnete Struktur besitzen.
Zur Charakterisierung der einzigartigen Eigenschaften des hergestellten Netzwerks haben die Wissenschaftler die ultraschnelle Terahertz-Spektroskopie verwendet. Diese Technologie erlaubt eine Messung der Leitfähigkeit ohne physikalischen und damit störenden Kontakt zum Material. Hierbei wird über einen Laserpuls, der im sichtbaren Spektralbereich liegt, zunächst Energie an die Elektronen des Materials transferiert. Mit einem Terahertz-Puls kann dann die Leitfähigkeit dieser angeregten Elektronen abgefragt werden. Das resultiert in einem frequenzabhängigen Leitfähigkeits-Signal, durch welches die Wissenschaftler das Drude-Verhalten verifizieren konnten. „Durch diese Messungen konnten wir Rekord-Mobilitäten der Elektronen in diesem Material messen, welche die Mobilitäten von isolierenden MOFs um einen Faktor 10000 übersteigen“, sagt Canovas. Das bedeutet, dass sich Elektronen einfach über lange Strecken bei Anlegen eines elektrischen Feldes in dem MOF bewegen können, ein Effekt welcher in tausend Mikrometer langen Proben gemessen werden konnte. Daher ebnet das neue Material den Weg für die Nutzung metall-organischer Netzwerke in der Optoelektronik. In Zukunft wollen die Forscher daran arbeiten, die elektronischen Eigenschaften des Materials direkt bei der Herstellung über die Zusammensetzung des MOFs modifizieren und vorhersagen zu können.
MPI-P / RK