Robert Klanner erhält den Julius-Wess-Preis 2016 des KIT-Zentrums Elementarteilchen- und Astroteilchenphysik (KCETA) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Der Preisträger ist österreichischer Experimentalphysiker und Emeritus der Universität Hamburg. Klanner erhält den Preis für die Entwicklung der Grundlagen von Siliziumspurdetektoren, die in den letzten 33 Jahren zur Entdeckung neuer Teilchen und Vermessung ihrer Eigenschaften geführt haben.
Abb.: Robert Klanner erhält den Julius-Wess-Preis 2016 (Bild: DESY)
Silizium-Mikrostreifen-Detektoren werden mit Methoden der Mikroelektronikindustrie gebaut. Sie erlauben eine hochpräzise Vermessung der Bahnen der Zerfallspartikel von schweren Elementarteilchen im Detektor. Ausgenutzt wird der Umstand, dass manche schwere Elementarteilchen wie etwa das Top-Quark oder das Higgs-Boson in schwere Quarks zerfallen, die eine kurze Strecke durch den Detektor fliegen, bevor sie ebenfalls zerfallen.
Durch die präzise Messung der Tochterteilchen lässt sich auf die Herkunft der Mutterteilchen schließen. Die erste Anwendung, für die Siliziumspurdetektoren in den frühen 1980er Jahren konzipiert wurden, war die Untersuchung von Mesonen mit Charm-Quarks. Deren Lebensdauermessung konnte Hinweise über die schwache Kraft geben. Die dafür in München und am CERN gebauten Detektoren hatten die Größe eines Chips, wie sie bei Digital-Kameras verwendet werden.
Die Arbeit Klanners war der Grundstein für die rasche Entwicklung von mikrostrukturierten Siliziumdetektoren in der Hochenergiephysik. Siliziumspurdetektoren werden inzwischen in jedem modernen Experiment der Teilchenphysik eingesetzt. Zur Entdeckung des schwersten Elementarteilchens, dem Top-Quark, die 1995 am Fermilab in Chicago verkündet wurde, war ein Siliziumdetektor mit einer empfindlichen Fläche von mehreren Quadratmetern notwendig. Der mit 220 Quadratmetern größte Siliziumdetektor der Welt befindet sich im CMS-Detektor am Beschleunigerring LHC des Forschungszentrums CERN. Seit 20 Jahren haben mehrere Institute des KIT wichtige Beiträge zu den genannten Experimenten geleistet – zuletzt auch in guter Zusammenarbeit mit dem Institut von Robert Klanner. Auch in Zukunft werden Siliziumdetektoren eine wichtige Rolle spielen, so bei der Suche nach exotischen Teilchen jenseits vom Standardmodell und für das Studium des Higgs-Bosons.
Robert Klanner, Jahrgang 1945, studierte in München und promovierte in den frühen 70er Jahren in Protwino in der damaligen UdSSR. Anschließend war er kurz an der University of Illinois, Urbana, in den USA, bevor er 1975 zum Max-Planck-Institut für Physik in München wechselte. Er ging 1984 zum DESY nach Hamburg, um zum Bau des Experiments ZEUS am Beschleunigerring HERA beizutragen. Klanner hatte zahlreiche Leitungsfunktionen des ZEUS-Experiments inne, so auch die des Sprechers der Kollaboration. Im Jahr 1996 wurde er zum Professor an der Universität Hamburg berufen. Von 1999 bis 2005 war er Forschungsdirektor des DESY. Robert Klanner war auch langjähriges Mitglied des Vorstandes der Deutschen Physikalischen Gesellschaft DPG und Mitherausgeber der wissenschaftlichen Zeitschrift „Nuclear Instruments and Methods in Physics Research A”.
KIT / DE