22.08.2024

Ausgezeichnete Radiointerferometrie

Die Astronomische Gesellschaft verleiht die Karl-Schwarzschild-Medaille an Anton Zensus und gibt weitere Preisträgerinnen und Preisträger für 2024 bekannt.

Maike Pfalz / MPIfR / AG

Die Astronomische Gesellschaft hat die Preisträgerinnen und Preisträger für das Jahr 2024 bekannt gegeben. Die höchste Auszeichnung, die Karl-Schwarzschild-Medaille, geht in diesem Jahr an Anton Zensus, Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Damit ehrt die Astronomische Gesellschaft seine führende Rolle bei der Weiterentwicklung radioastronomischer Beobachtungsmethoden mit sehr hoher Winkelauflösung und Empfindlichkeit. Die Radiointerferometrie mit sehr langen Basislinien (Very Long Baseline Interferometry, VLBI) hat sich – insbesondere durch Anton Zensus und seine Gruppe – zu einer Schlüssel-Beobachtungsmethode entwickelt und findet heute breite Anwendung in der Astrophysik, Astrometrie und Geodäsie. 

Anton Zensus setzte bereits in den frühen 1980er-Jahren entscheidende Akzente in der VLBI. Diese Technik ermöglicht es, die Struktur der zentralen Regionen aktiver galaktischer Kerne abzubilden. Damals war sie für Radiowellen im Zentimeterbereich optimiert und konnte Bilder auf der Skala von Lichtjahren erzeugen. Dies reichte aus, um Details in den Jets zu untersuchen, aber nicht, um die Zentralquelle der Galaxien und ihren Antriebsmechanismus vollständig aufzulösen.

Um die Vorhersage zu bestätigen, dass die zentralen Antriebsmechanismen aus supermassereichen Schwarzen Löchern bestehen, war eine wesentlich höhere Auflösung erforderlich. Dafür galt es, die VLBI-Technik auf kürzere Wellenlängen im Millimeterbereich auszudehnen und sogar Radioteleskope in der Erdumlaufbahn einzubeziehen. Dieser Herausforderung stellte sich Anton Zensus mit seinem Team. Sie integrierten verschiedene Teleskope und erweiterten das VLBI-Netzwerk.

Anton Zensus
Prof. Dr. Anton Zensus promovierte 1984 an der Universität Münster. Als Postdoc und wissenschaftlicher Mitarbeiter war er am California Institute of Technology und am National Radio Observatory in den USA tätig. 1997 wurde er Direktor am Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Dort leitet er die Forschungsabteilung „Radioastronomie/VLBI“. Zudem ist er Honorarprofessor am Institut für Astrophysik der Universität zu Köln.
Quelle: Industriefotografie Steinbach / Bearbeitung A. Hauck

Seit den späten 1970er-Jahren war durch Berechnungen bekannt, dass der Ereignishorizont eines supermassereichen Schwarzen Lochs als dunkler „Schatten“ erscheint, dessen Größe am Himmel direkt von der Entfernung und der Masse des Objekts vor dem verzerrten Hintergrund der Gasemissionen seiner Umgebung abhängt. Die geringe Größe des erwarteten Schattens, selbst für die vielversprechendsten Kandidaten, die Zentralquellen der Galaxie M87 und unserer Milchstraße, machte deutlich, dass erhebliche Verbesserungen der Beobachtungstechnik und eine weltweite Zusammenarbeit erforderlich waren, um diese Objekte direkt abbilden zu können.

So entstand das Projekt „Event Horizon Telescope“ (EHT), das VLBI-Beobachtungen bei kurzen Wellenlängen (1,3 mm) nutzt. Die einzigartigen Bilder des EHT-Projekts, welche die supermassereichen Schwarzen Löcher in der Galaxie M87 und im Zentrum unserer Milchstraße zeigen, sorgten weltweit für Aufsehen und öffneten neue Wege zur Erforschung von aktiven Galaxienkernen.

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Der Bruno-H.-Bürgel-Preis geht an den Astrophysiker und Wissenschaftsjournalisten Dirk Lorenzen, der sich seit drei Jahrzehnten für die Popularisierung von Astronomie und Raumfahrt in der breiten Öffentlichkeit engagiert. In Hörfunkbeiträgen, Vorträgen und etlichen Büchern deckt er ein breites Themenspektrum ab: von den Grundlagen der Astronomie, über aktuelle Beobachtungstipps und Ereignisse, bis hin zu Entwicklungen in Technik und Raumfahrt. 

Willem van Straten erhält den Preis für Astrophysikalische Software für seine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung des weltweit für die Auswertung von astronomischen Pulsar-Daten federführenden Software Pakets PSRCHIVE.

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