23.11.2020 • Didaktik

Blick zur ISS mit ISS Detektor

Eine Smartphone-App macht es möglich, die Internationale Raumstation ISS am Nachthimmel zu orten und ihre Flugbahn zu beobachten.

Die ISS kann mit vielen Superlativen aufwarten: Als größter künstlicher Erdsatellit zählt sie mit geschätzten Gesamtkosten von 100 Milliarden Euro zu den teuersten und komplexesten Objekten, die die Menschheit jemals geschaffen hat. Seit dem Jahr 2000 befinden sich dauerhaft Astronautinnen und Astronauten an Bord, die ihre Forschungsarbeiten in einem einzigartigen Umfeld erledigen. Dabei ist die ISS uns doch näher als man vermutet: Auf ihrer nahezu kreisförmigen Umlaufbahn ist sie im Zenit nur 400 km von dem jeweiligen Punkt auf der Erde entfernt und damit mancherorts nicht weiter entfernt als die nächste Meeresküste oder Millionenstadt. Eine Beobachtung der ISS ist in bestimmten Phasen der Flugbahn mit freiem Auge meist mehrmals pro Nacht für jeweils einige Minuten möglich. Besonders günstig sind die Abend- oder Morgendämmerung.

Abb. 1 Links ein Screenshot der Beobachtungszeitpunkte, rechts die Flugbahn der...
Abb. 1 Links ein Screenshot der Beobachtungszeitpunkte, rechts die Flugbahn der ISS vor dem Sternenhimmel.

Mit Hilfe der App ISS Detektor, die sowohl für iOS als auch für Android erhältlich ist, ist eine Sichtung ganz einfach: Nach Freigabe des eigenen Standorts werden die Zeitpunkte, an denen die ISS als Lichtpunkt am Himmel erscheint, für jeden Tag aufgelistet (Abbildung 1 links). Falls gewünscht signalisiert eine Alarmfunktion das Erscheinen einige Minuten zuvor.

In Abbildung 1 sind neben den Zeitpunkten noch einige Zusatzinformationen sichtbar: Bei jedem Überflug wird die maximal scheinbare Helligkeit in der Einheit Magnituden angegeben. Wie in der Astronomie üblich, zeigen dabei kleinere Zahlenwerte eine größere Helligkeit an. So hat der Polarstern eine scheinbare Helligkeit von etwa 2.0 mag. Die Venus ist mit bis zu -4.7 mag deutlich heller. Unter sehr guten Bedingungen ist die ISS mit einer Helligkeit von bis zu -5 mag ähnlich hell wie die Venus, aber auch bei mittelmäßigen Bedingungen erreicht sie etwa die scheinbaren Helligkeiten von Mars oder Jupiter.

Eine integrierte Wettervorhersage ermöglicht es der App, Zeitpunkte farblich zu markieren, die für eine Beobachtung besonders günstig erscheinen. So bedeutet ein grüner Streifen sehr gute, Orange mittelmäßige Voraussetzungen. Erscheint kein farbiger Streifen, so ist dieser Termin für eine Beobachtung nicht zu empfehlen.

Um die Beobachtung zu erleichtern, kann man den Bildschirm auf eine Radar-Ansicht umschalten, die einen Überblick über die Flugbahn der ISS liefert. Sobald man das Handy über der Horizontalen hält, zeigt die Radar-Ansicht den aktuellen Sternenhimmel (Abbildung 1 rechts), sodass sich der Punkt, der mit dem Handy anvisiert wird, leicht mit der momentanen Position der ISS abgleichen lässt.

Neben der Sichtung der ISS am Himmel bietet die App außerdem die Möglichkeit, ein Live-Video zu aktivieren, das die Sicht von der ISS auf die Erde zeigt. Sollten diese Live-Bilder gerade nicht verfügbar sein, werden Aufnahmen des Projekts High Definition Earth Viewing des Johnson Space Center eingespielt.

Die Gratisversion von ISS Detektor ermöglicht neben der Sichtung der Internationalen Raumstation auch die Beobachtung von Iridium-Flares. Darunter versteht man Lichtblitze, die durch die Reflexion des Sonnenlichts an den Antennenflächen der Kommunikationssatelliten Iridium entstehen. Da diese intensiven Lichterscheinungen nur bei den Satelliten der ersten Generation auftreten, die ab 2017 schrittweise durch neue Versionen ersetzt werden, sind Iridium-Flares nur mehr sehr selten zu beobachten. Für die Hobby-Astronomie bietet die App außerdem kostenpflichtige Erweiterungen an, mit denen man weitere Körper beispielsweise des Starlink-Netzes des Raumfahrtunternehmens SpaceX oder das Weltraumteleskop Hubble, Kometen und anderes beobachten kann.

Parallel zu einer Sichtung der ISS am Himmel bietet es sich natürlich an, den ISS-Live-Stream der NASA aufzurufen. Mit ein wenig Glück kann man so die Besatzung bei ihren Forschungstätigkeiten beobachten.

Susanne Neumann, Bildungsdirektion für Wien, Thomas Wilhelm, Uni Frankfurt, Jochen Kuhn, TU Kaiserslautern

Originalveröffentlichung

S. Neumann, T. Wilhelm, J. Kuhn, Blick zur ISS mit ISS Detektor, Phys. Unserer Zeit 51(6), 306, (2020); https://doi.org/10.1002/piuz.202070610

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