03.05.2017

Bohrung im sibirischen Permafrost

Sedimentproben sollen Aufschluss über Methanemissionen geben.

Die Perma­frostland­schaften auf der Nord­halbkugel gelten als Schlüssel­regionen für den Globalen Wandel. Im Zuge der Erder­wärmung tauen weite Areale auf und entlassen große Mengen Kohlen­dioxid und Methan in die Atmo­sphäre. Wie viel Treib­hausgas tat­sächlich entweichen wird, dazu gibt es ledig­lich grobe Schätzungen. Genauere Infor­mationen erhofft sich ein Team des Deutschen Geo­forschungs­zentrum GFZ, Helmholtz-Zentrum Potsdam und des Alfred-Wegener-Insti­tuts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeres­forschung AWI von Unter­suchungen im Permafrost des Lena-Deltas. Unter widrigen Bedingungen bohrten die Wissen­schaftler gemeinsam mit russischen Partnern während der vergangenen vier Wochen auf der sibi­rischen Halbinsel Bykovsky in den Unter­grund.

Abb.: Im hohen Norden Sibiriens untersuchen Geowissenschaftler die Methanemission aus Permafrostböden. (Bild: J. Kallmeyer, GFZ)

Im hohen Norden Sibiriens liegt die Land­schaft noch unter einer dichten Schnee­decke. Die Tempe­raturen fielen auf bis zu minus 29 Grad Celsius, teil­weise herrschte starker Wind. Vermeint­lich einfache Arbeiten wie das Wechseln des Bohr­gestänges gerieten unter diesen Bedingungen zur Tortur und dauerten wesent­lich länger als üblich, berichten die Wissen­schaftler. Sie hatten keine Wahl: Wer den Perma­frost erforschen will, sollte im Winter kommen. Im Sommer, wenn die oberste Schicht taut, versinken Crew und schweres Gerät rasch im Morast.

Das blieb dem deutsch-rus­sischen Team erspart. Soeben wurden die Arbeiten erfolg­reich abge­schlossen, insgesamt 96 Meter gefrorene Kerne wurden erbohrt. Das Material stammt aus vers­chiedenen Schichten, die durch unter­schiedliche Entstehungs­bedingungen und unter­schiedliche Temperaturen gekenn­zeichnet sind. „Die Proben werden gekühlt und dann für weitere Analysen in unser Labor nach Potsdam gebracht“, sagt Susanne Liebner, Leiterin der Helmholtz-Nachwuchs­gruppe MicroCene in der Sektion Geomikro­biologie am GFZ. „Hier untersuchen wir die mikro­biellen Lebens­gemeinschaften und deren Funktion im Kohlenstoff­kreislauf in den unter­schiedlichen Sedi­menten.“

Auf diese Weise will Liebners Team heraus­finden, welche Stoffwechsel­prozesse in den unter­schiedlichen Zonen bevorzugt ablaufen. „Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass in der Übergangs­zone zwischen dauer­haft gefrorenem Unter­grund und aufge­tauten Schichten durch mikro­bielle Prozesse ein Teil des Methans zu Kohlen­dioxid umgewandelt wird“, sagt Liebner. „Dies ist zwar auch ein Treibhaus­gas, dennoch ist dieser Prozess eine wichtige Senke für das deutlich klimawirk­samere Methan, wir sprechen auch von einem Methan­filter.“ Die aktuellen Forschungen sollen präzisere Daten dazu liefern, welche Art und welche Menge an Treibhaus­gasen im Zuge der Erder­wärmung tatsächlich aus dem tauenden Perma­frost abgegeben wird.

Neben den geo­mikrobio­logischen Arbeiten des GFZ, werden Ausmaß und Geschwin­digkeit der Permafrost­degradation, also die Verän­derungen, die im Zuge steigender Tempe­ratur auftreten, vom AWI untersucht. Diese Infor­mationen sind auch für die arktische Infra­struktur wichtig. Bereits heute gibt es vielfach Probleme, weil Häuser und Straßen, die einst auf fest gefrorenem Grund errichtet worden waren, nun im weichen Unter­grund versinken.

GFZ / JOL

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