06.10.2008

CERN-Physiker nehmen für Datenflut größten Rechnerverbund in Betrieb

Rund drei Wochen nach Beginn des größten Experiments der Menschheit hat das Europäische Teilchenphysiklabor CERN am Freitag einen weiteren Meilenstein gesetzt.



Genf (dpa) - Rund drei Wochen nach Beginn des größten Experiments der Menschheit hat das Europäische Teilchenphysiklabor CERN einen weiteren Meilenstein gesetzt. Die Physiker nahmen in Genf einen weltweiten Verbund von Rechnern und Rechenzentren mit dem Namen GRID (englisch für Netz) in Betrieb, der die benötigte Computerleistung für die Auswertung des Experiments zur Verfügung stellen soll. Die riesigen Datenmengen, die man sich vom Betrieb des neuen «Large Hadron Collider» (LHC) erhofft, werden so überall auf der Welt verteilt und ausgewertet. Mit ihrem Experiment sind die Forscher unter anderem dem Urknall bei der Entstehung des Universums sowie unbekannter Atomteilchen auf der Spur.

Wenn der LHC, der bis Frühjahr wegen einer Panne im Kühlsystem ausfällt, erst einmal läuft, wird er rund 5000 Wissenschaftlern in 500 Forschungsinstituten weltweit Daten liefern. Diese unvorstellbar große Zahl - 15 Millionen Gigabytes im Jahr, was etwa 20 Millionen CDs entspricht - soll in 33 Ländern mit etwa 100 000 Computern ausgewertet werden, da das CERN dies weder bewältigen noch speichern kann. Sogar private Computer sollen mit einbezogen werden, wenn Interesse besteht. Dennoch ist GRID kein neues Worldwideweb (www), wie es Ende der 80er Jahre ebenfalls vom CERN erfunden wurde. Sondern es nutzt das Internet, um die Daten zu transportieren.

Es sei das erste Mal, dass ein Experiment weltweit ausgewertet wird, erklärten Physiker in Genf. «Man hört viel über die negativen Auswirkungen der Globalisierung», sagte CERN-Generaldirektor Robert Aymar. Doch die Inbetriebnahme des GRID sei ein «herausragendes Beispiel für die positiven Vorteile, die globales Denken hervorbringen kann».

Bei einer Betriebstemperatur von minus 271,3 Grad rasen bei Genf unterirdisch fast mit Lichtgeschwindigkeit Atomkerne auf einer 27 Kilometer langen Kreisbahn aufeinander zu. Beim Aufprall werden die Daten frei, die von vier riesigen Detektoren erfasst und über GRID an das Rechennetz weiter geleitet werden.

Die Zahl der Kollisionen im LHC - ob Bleikerne oder Protonen - ist so hoch, dass sich bei weitem nicht alle Daten speichern lassen. Die Detektoren am LHC produzieren jede Sekunde etwa eine Milliarde Schnappschüsse der Natur, hatte Bernd Panzer vom CERN-Rechenzentrum erläutert. «Wir suchen aber nach nur einer guten Aufnahme in zehn Billionen Schnappschüssen.» Die Datenflut wird daher von spezialisierter Elektronik noch im Detektor vorgefiltert, etwa eine CD-ROM pro Sekunde muss dann tatsächlich gespeichert werden.

Mit den riesigen Datenmassen kann das CERN mit den eigenen Kapazitäten nicht klarkommen. Im GRID können alle angeschlossenen Institute wie an einem einzelnen riesigen Computer arbeiten. Die Rechenaufträge und die Daten werden automatisch auf die vorhandenen Kapazitäten verteilt.


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