03.07.2019 • Energie

Das Energiesystem der Zukunft

Weißbuch „Power-to-X“ der Schweizer Kompetenzzentren für Energieforschung vorgestellt.

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt von fünf Schweizer Kompetenzzentren für Energieforschung haben Wissen­schaftler des Paul-Scherrer-Instituts, der Eidgenössischen Material­prüfungs- und Forschungs­anstalt, der ETH Zürich, der Zürcher Hochschule für angewandte Wissen­schaften, der Hochschule für Technik Rapperswil , sowie der Universitäten Genf und der Luzern das Weißbuch „Power-to-X“ zu Händen der Eid­genössischen Energie­forschungs­kommission erstellt. Ziel des Weißbuchs ist es, die wichtigsten vorhandenen Erkenntnisse über Power-to-X-Technologien zu sammeln. Die Studie beleuchtet unter anderem, welchen Beitrag verschiedene Technologien, die auf der Umwandlung und Speicherung verschiedener Energieformen beruhen, zur Energie­strategie der Schweiz leisten können.

Abb.: Bei „Power-to-X“-Verfahren wird Strom aus erneuerbaren Energien...
Abb.: Bei „Power-to-X“-Verfahren wird Strom aus erneuerbaren Energien genutzt, um Wasserstoff oder Methan zu produzieren und so überschüssige Energie zu speichern. Diese kann dann zu einem anderen Zeitpunkt wiedergewonnen werden, zum Beispiel als Treibstoff, zum Heizen oder um wieder Strom zu generieren. (Bild: J. Roth, PSI)

Die Schweiz hat sich das Ziel gesetzt, ihre direkten Treibhaus­gas­emissionen drastisch zu reduzieren. Gemäß der Energie­strategie 2050 soll sich der Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 50 Prozent verringern, bis 2050 bis zu maximal 85 Prozent. Nach 2050 soll die Energieversorgung in der Schweiz klima­neutral erfolgen, also ohne den Ausstoß von Treibhaus­gasen. Eine Komponente für die Erreichung dieses Zieles können Power-to-X-Verfahren sein. Dabei wird der über­schüssige Strom aus erneuer­baren Energien genutzt, um durch elektro­chemische Umwandlung flüssige oder gasförmige Energie­träger zu erzeugen, wie beispielsweise Wasserstoff, Methan oder Methanol. Diese werden dann weiter in den Verbrauchs­sektoren eingesetzt, um Fahrzeuge anzutreiben oder Wärme beziehungs­weise auch wieder Strom zu erzeugen. Der Vorteil ist, dass die flüssigen oder gasförmigen Energie­träger über längere Zeit zwischen­gespeichert werden können.

Im Rahmen der Energiestrategie 2050 sind die Power-to-X-Verfahren unter anderem interessant, weil die neuen erneuer­baren Energien aus Photo­voltaik oder Windkraft nicht kontinuier­lich, sondern in schwankender Intensität zur Verfügung stehen. Um Phasen von geringer Strom­erzeugung auszu­gleichen, soll unter anderem mithilfe von Power-to-X-Verfahren Energie aus produktions­starken Phasen zwischen­gespeichert werden. Power-to-X-Verfahren können so dazu beitragen, Energieangebot und -nachfrage über einen längeren Zeitraum auszugleichen, die kurz­fristige Flexibilität im Stromnetz durch intelligentes Lasten­management zu erhöhen und Ersatz für fossile Kraft- und Brennstoffe sowie Rohstoffe für die Industrie zu schaffen.

„Im Vergleich zu anderen neuen erneuerbaren Energie­quellen gibt es ein besonders hohes Potenzial für Strom aus Solar­anlagen in der Schweiz, was Power-to-X zu einer wichtigen Flexibilitäts­option und Bindeglied zwischen Energie­gewinnung und -verbrauch in einem nachhaltigen, CO2-armen Energie­system macht“, fasst Tom Kober, Leiter der Gruppe Energie­wirtschaft am PSI und einer der Hauptautoren des Weißbuchs, eines der Ergebnisse zusammen.

Die Beiträge, die Power-to-X in einzelnen Energie­sektoren wie Verkehr, Heizung oder durch die Rück­ver­stromung leisten kann, sind sehr unter­schiedlich. So ist die erneute Gewinnung von Strom aus Energie­trägern wie Wasserstoff oder Methan, die mit Power-to-X-Verfahren erzeugt wurden, derzeit noch sehr teuer. „Die Kosten für solche auch Power-to-Power genannten Verfahren könnten aber durch Fortschritte bei der Technik und steigender Erfahrung im Umgang mit diesen neuen Technologien bis 2030 um bis zu zwei Drittel sinken“, schätzt Kober. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich Power-to-Power-Technologien gegenüber anderen Flexibilitäts­optionen im Elektrizitäts­system durch­setzen können, was nicht zuletzt auch von europäischen Markt­entwick­lungen abhängt und den damit verbundenen Bedingungen für den Schweizer Strom­außen­handel.

Kraft- und Brennstoffe, die mit Strom aus erneuerbaren Energien in Power-to-X-Verfahren produziert werden, können fossile Energie­träger wie Heizöl, Erdgas, Benzin und Diesel ersetzen und somit helfen, CO2-Emissionen zu reduzieren. Wirtschaftlich wird dies aber nur sein, wenn entsprechende umweltpolitische Anreiz­mechanismen zum Tragen kommen. Umwandlungs­prozesse müssen möglichst effizient realisiert werden, um einerseits die Kosten zu minimieren und anderer­seits Ressourcen zu schonen. Das hat nicht nur Auswirkung auf die Standortwahl von Power-to-X-Anlagen, sondern auch wie die Technologie in verschiedene Märkte integriert werden kann.

Ein Fazit der Studie lautet deshalb: Entscheidend für einen erfolgreichen Einsatz von Power-to-X im Rahmen der Energie­strategie 2050 ist, dass sich Forschung und Innovation auf eine optimale Integration von Power-to-X in das gesamte Energie­system der Schweiz konzentrieren.

PSI / RK

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