Das Raumfahrtjahr 2005
Jubel, Zittern, Drama - Das Raumfahrtjahr 2005 hielt alle in Spannung.
Das Raumfahrtjahr 2005
Jubel, Zittern, Drama - hielt alle in Spannung.
Washington (dpa) - Vom «himmlischen Feuerwerk» über «Titan» bis zum «Magischen Schiff»: Das Raumfahrtjahr 2005 ist an Attraktionen, Wechselbädern der Gefühle und großartigen Leistungen kaum zu überbieten. Und für Thomas Reiter, der eigentlich als erster Deutscher zur Internationalen Raumstation ISS fliegen sollte, heißt es jetzt, Daumen drücken für 2006.
Den rasantesten Start ins Raumfahrtjahr 2005 schafften die Europäer. Im Januar landete die europäische Raumsonde «Huygens» spektakulär auf Titan, dem eisigen und geheimnisvollen Mond des Ringplaneten Saturn. Nie zuvor war das Interesse der Öffentlichkeit an einer europäischen Mission so stark. Monate später wird bekannt, dass Titan in mancher Hinsicht einer Tiefkühlversion der jungen Erde ähnelt.
Der Jubel war ebenso groß über die Super-Ariane. Europas stärkste und teuerste Trägerrakete, die «Ariane-5-ECA», hob im Februar mit brüllenden Triebwerken und einer gigantischen Schubkraft von 30 Millionen PS ab. Auch auf das neue Projekt, die Sonde «Venus-Express», stießen die Europäer im November mit einem Glas Sekt an. Im April 2006 soll die erste europäische Mission den höllisch heißen Nachbarplaneten der Erde erreichen.
Das größte Comeback, das beste Drama und die überraschendste Pleite des Jahres legte die US-Raumfahrtbehörde NASA mit ihrem Space-Shuttle-Programm hin. «Eine gute Show» versprach US-Kommandeurin Eileen Collins (48) vor dem Start der Raumfähre «Discovery» am 26. Juli. Die Dramatik der folgenden zwei Wochen ging jedoch weit über eine solche Beschreibung hinaus. Nach dem vermeintlichen Bilderbuchstart und dem Jubel über die Rückkehr zur bemannten Raumfahrt zweieinhalb Jahre nach dem tödlichen Unglück der Raumfähre «Columbia» folgte Katzenjammer.
Denn beim Start hatte sich ein großes Stück Schaumstoff vom Außentank gelöst. Dies hätte für die siebenköpfige Besatzung bei der Rückkehr zur Erde eine tödlich Bedrohung sein können. So mussten erstmals in der Geschichte der Raumfähren zwei Astronauten im Weltall aussteigen und den Hitzeschild reparieren. Weil die NASA-Techniker bis heute nicht herausgefunden haben, wie sich das Schaumstoff-Risiko beseitigen lässt, wird keine weitere Raumfähre vor Frühjahr 2006 starten - und auch Thomas Reiter musste vorerst auf der Erde bleiben.
Das größte Himmelsspektakel des Jahres veranstaltete die NASA. Sie zündete am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag der USA, ein himmlisches Feuerwerk 133 Millionen Kilometer über der Erde. Die Sonde «Deep Impact» hatte zuvor ein kühlschrankgroßes Projektil auf den Kometen «Tempel 1» abgefeuert. Die bei dem Crash aufgewirbelten Teile reflektierten plötzlich so viel zusätzliches Sonnenlicht, dass der Komet schlagartig heller strahlte.
Zum Aufsteiger des Jahres wurde China. Nachdem die beiden Astronauten Fei Junlong (40) und Nie Haisheng (41) im Oktober mit ihrem Raumschiff «Shenzhou VI» (Magisches Schiff) vom zweiten bemannten Raumflug zurückgekommen waren, schmiedete die Volksrepublik große Pläne. Ein neuer Weltraumbahnhof, eine neue Rakete, die Ausbildung von Astronautinnen und der erste Weltraumspaziergang 2007: Die dritte Weltraummacht nach Russland und den USA, die mit eigenen Mitteln Astronauten in den Orbit schicken kann, hat der Ehrgeiz gepackt.
Der Solar-Segler «Cosmos 1» hätte gute Chancen auf den Pionierflug des Jahres gehabt. Aber die private russisch-amerikanische Sonde, die allein vom Sonnenlicht angetrieben werden sollte, stürzte im Juni beim Start mit einer defekten russischen Rakete ab.
Den teuersten Kurztrip leistete sich 2005 der amerikanische Unternehmer Greg Olsen (60). Der dritte Weltraumtourist gönnte sich das zehntägige Abenteuer für 20 Millionen Dollar (17 Millionen Euro). Mit Olsen kam im Oktober auch der russische Kosmonaut Sergej Krikaljow (47) an Bord einer Sojus-Kapsel von der ISS zurück. Der Russe hält jetzt den Rekord mit sechs Aufenthalten im All. Insgesamt verbrachte er dort 803 Tage, mehr als jeder andere Raumfahrer.
Die längste Zitterpartie des Jahres hat für die japanische Raumfahrtbehörde begonnen. Ihre Raumsonde «Hayabusa» sollte erstmals Gesteinsproben auf einem rund 290 Millionen Kilometer von der Erde entfernten Asteroiden entnehmen. Ob das wirklich geklappt hat, wird sich erst 2007 nach Rückkehr der Sonde herausstellen - falls überhaupt. Denn die Japaner haben Probleme mit technischen Geräten, mit denen die Sonde auf Kurs gehalten wird.
Die Ankündigung des Jahres kam im September vom neuen NASA-Direktor Michael Griffin. Knapp ein halbes Jahrhundert nach der ersten Mondlandung 1969 will die NASA im Jahr 2018 wieder Astronauten auf den Mond schicken.
Und schließlich noch die Jubiläen des Jahres: Der Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe Kasachstans feierte 50-jähriges und die Europäische Weltraumorganisation ESA 30-jähriges Bestehen. Und das alternde Weltraumteleskop «Hubble» machte die 15 Jahre voll. Während dieser Zeit hat das Juwel in der Astronomie rund 700 000 Bilder zur Erde gefunkt.
Hans Dahne, dpa
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