19.03.2015

Der Mond verdunkelt die Sonne

Experten erwarten keine großen Probleme für die Stromnetze.

An diesem Freitag, dem 20. März, kommt es zum seltenen Ereignis einer Sonnenfinsternis. Allerdings verdunkelt der Mond die Sonne in Deutschland und Mitteleuropa nicht vollständig. Eine totale Sonnenfinsternis ist nur im Nordpolarmeer zu beobachten. Hierzulande wird es aber immerhin – je nach Beobachtungsort – am späten Vormittag zu einer Abdeckung von knapp 60 bis fast 80 Prozent der Sonnenscheibe kommen.

Abb.: Verlauf der partiellen Sonnenfinsternis in Deutschland. (Bild: DLR)

Die Sonnenfinsternis hat wegen des im März noch nicht sehr hohen Sonnenstands einen ungewöhnlich langen Verlauf. Ab etwa 9:30 Uhr schiebt sich die Mondscheibe beim ersten Kontakt von Westen her über die Sonne. Gegen 10:45 Uhr ist in Deutschland die maximale Bedeckung erreicht, in München 67,7 Prozent, in Berlin 74,2 Prozent und in Hamburg sogar 79,2 Prozent. Auch wenn es in Mitteleuropa nur zu einer teilweisen Verdunklung kommen wird, sind die Auswirkungen als eine leichte Verdunklung durchaus spürbar. Im Idealfall kann gegen 10:45 Uhr eine Auswirkung auf die allgemeine Stimmung der Umgebung ausgemacht werden – eine fahle Beleuchtung etwa, und kleine Öffnungen werfen lauter kleine Sicheln auf den Boden statt runde Sonnenbildchen.

Aber nicht nur die breite Bevölkerung schenkt dem seltenen Naturschauspiel ihre Aufmerksamkeit. Insbesondere die Energiebranche blickt der Sonnen­finsternis mit Spannung entgegen. Gemeinsam haben sich Deutscher Wetterdienst, Fraunhofer-IWES und der Anbieter von Leistungs­prognosen für erneuerbare Energien Enercast in den letzten Monaten auf das Ereignis vorbereitet. „Im Gegensatz zu bisherigen Sonnenfinsternissen stehen wir heute vor der Problematik, dass mittlerweile ein Großteil der Energie mithilfe von Photovoltaik-Anlagen erzeugt wird. Verdunkelt der Mond die Sonne, fällt die Solarstromproduktion schlagartig aus. Dann müssen andere Energie­quellen diesen Ausfall überbrücken. Ebenso schnell müssen sie aber auch wieder abgeschaltet werden, wenn die Solaranlagen ihre Arbeit wieder aufnehmen. Diese Schwankungen auszubalancieren wird eine Heraus­forderung sein, der sich die Energiebranche bisher noch nicht stellen musste“, so Bernd Kratz, Technischer Geschäftsführer von Enercast.

Abb.: Leistungsprognose der Photovoltaik in Deutschland für die Sonnenfinsternis. (Bild: Enercast)

„Es ist von Relevanz, ob die Sonne scheint oder ob der Himmel wolken­verhangen ist. Bei Bewölkung wird es einfacher sein, das Stromnetz stabil zu halten. Auch der Wind spielt eine Rolle“, erklärt Kratz. Auf Basis von Mess-, Strahlungs- und Wetterdaten berechnen die Spezialisten die zu erwartende Energiemenge, die in den Stunden vor, während und nach der Sonnen­finsternis von den Photovoltaikanlagen zur Verfügung gestellt werden kann. Die Experten sehen keine großen Probleme auf die Stromnetze zukommen. „Durch Leistungsprognosen kann die Energieproduktion aus Solaranlagen präzise vorhergesagt werden. Bei einem Fußballspiel beispielsweise ändert sich der Stromverbrauch in der Pause innerhalb kürzester Zeit, bei einer Sonnenfinsternis ändert sich die Stromerzeugung durch Sonnenenergie stetig und in einem sehr viel längeren Zeitraum. Da kann ein Kraftwerk nach dem anderen sukzessive wieder runter oder ein Speicherkraftwerk nach dem anderen sukzessive hochgefahren werden. Das können die Netzbetreiber durchrechnen und entsprechende Vorkehrungen treffen, zumal Sonnen­energie ja nur einen Teil des Stroms ausmacht“, erklärt Kratz abschließend.

Die Sonnenfinsternis zeigt, welche Herausforderungen durch die vermehrte Nutzung regenerativer Energien entstehen. Wie systemstabil die Netze sind und welche Konsequenzen der Energiemarkt aus dem himmlischen Spektakel ziehen muss, wird sich zeigen. Die Erfahrungen aus diesem besonderen Ereignis können im Jahre 2026 in die Praxis umgesetzt werden. Denn dann erwartet Deutschland die nächste Sonnenfinsternis mit einer ähnlich großen Bedeckung.

DLR / Enercast / RK

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